Vadas József (szerk.): Ars Decorativa 10. (Budapest, 1991)

Joachim Szvetnik (1927-1988)

Museums, und es schien auch zwecklos, ihr widersprechen zu wollen. Doch einer von den Studenten, Joachim Szvetnik, damals stand er im achtundzwanzigsten Lebens­jahr und galt als besonders begabt, fing an, sich mit einem seltsamen, sozusagen „ket­zerischen" Gedanken zu tragen. Dieser junge Mann, der bereits harte Jahre hinter sich hatte, heute würde man seine Lage als „benachteiligt" bezeichnen, ist kein Mann des Wortes und drückt sich in keinen überschwenglichen Sätzen aus, ja zur Zeit vermag er nicht einmal richtig und sachge­mäss zu argumentieren. Er beruft sich vor­läufig nur auf seine schwer formulierbaren Zweifel, ob denn überhaupt möglich und angebracht sei, diese Kunstwerk-Frag­mente ohne jedwede Emotion, bloss mit kühler und objektiver Nüchternheit zu bet­rachten. Er wird sich wohl dessen kaum bewusst gewesen sein, dass seine Zweifel aus einer einmaligen, besonderen Fähigkeit resultieren, indem das zertrümmerte Frag­ment, ein anderen nichtssagendes Bruchs­tück auf ihn die Kraft einer magischen Re­velation auszuüben vermag. Szvetnik er­kannte nämlich nicht nur die verschiede­nen technischen Verfahren - das konnten auch die anderen Studenten -, sondern er war auch imstande zu begreifen, was die besonderen technischen Schwierigkeiten und das exzeptionelle Fachwissen und ­können bei der Bearbeitung der Gegens­tände bedeutet hatte. Allmählich reifte in ihm eine Erkenntnis, die sich kaum in Worte fassen lässt, heran, wie nämlich der Meister längst vergangener Zeiten mit dem Stoff kämpfte und ihn zuletzt in Form zu giessen vermochte. Das war das grosse Er­lebnis, das der junge Szvetnik beim Anb­lick der zertrümmerten Fragmente des Es­terházy-Schatzes gehabt hat. Wie lange diese Begegnung mit diesen „scheintoten" Stücken gedauert hat, etwa dreissig Minuten oder gar zwei Stunden? Jeder der Studenten erinnert sich anders. Joachim Szvetnik wusste es weder damals, noch später. Er war von einem seltsamen, nicht enden wollenden, unwiderstehlichen Gefühl ergriffen, als ob ihn diese leblosen Torsi alter Meisterwerke magnetisch ange­zogen hätten. Auch weiss er seinen Eind­rücken und Gedanken keine sprachliche Form zu geben. Es ist, als ob in ihm die Botschaft des berühmten Gedichts von Rilke, des archaischen Torsos Apollos er­tönte, obgleich er das Gedicht damals noch nicht gekannt hatte, jedenfalls hat er die Gewissheit, dass er Begriffe, die ihm bis dahin bekannt und vertraut schienen, von nun an umzuwerten hat. Was ist Talent? Worin besteht es, wie lässt sich das Vorhandensein jener geheim­nisvollen Gabe bestätigen, die über das bloss Handwerkliche hinaus den Meister eines Faches zum Künstler macht. Diese Frage stellt sich Szvetnik als Student un­zählige Male. Doch jetzt, unter dem Eind­ruck dieses elementaren Erlebnisses soll ihm endlich eine Antwort auf benannte Frage gegeben werden. Denn ungeachtet der tröstenden und beruhigenden Worte seiner Meister an der Hochschule, vor al­lem des Goldschmieds István Csajka und des Bildhauers Miklós Borsos, die ihm eine glänzende künstlerische Laufbahn prophe­zeien, beginnt er allmählich zu ahnen, dass seine Zweifel nicht durch ihre Worte ent­kräftet werden. Vor ihm zeichnet sich eine Aufgabe ab und er will mit all seinen Kräf­ten ihrer würdig werden. Er weiss genau, dass diese Aufgabe, die „Wiederbelebung" der zertrümmerten Fragmente des Ester­házy-Schatzes an der Grenze des Mögli­chen und des Machbaren liegt. Doch eben­sogut weiss er, dass gerade durch diese Aufgabe wird er gezwungen sein, sein Ta­lent mit jenem der grössten Gestalten der alten Goldschmiedekunst zu konfrontie­ren, seine Fähigkeit mit ihrem Können in Parallele anzustellen. Wer waren diese Meister, in welcher Zeit lebten sie, wo arbeiteten sie und welche Stilmerkmale kennzeichneten ihre Werke? Auf der Suche nach der Antwort wird ihm, der aus dem fernen Dorf Mélykút in der Grossen Ungarischen Tiefebene stammte und mit einer im Kurzstudium erworbenen

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