Forgács Éva (szerk.): Ars Decorativa 9. (Budapest, 1989)
SZILÁGYI András: Ignaz Wilhelm Dermer ötvösmüvei Magyarországon
mehrere Darstellungen enthaltenden, monumentalen Bauplastiken berücksichtigt werden; von ihnen sind die Reliefs und grossformatigen Rundplastiken am Gebäudeensemble des Karlstores in Gyulafehérvár— Karlsburg (heute Alba Iulia in Siebenbürgen — Rumänien) 1717—1720, sowie an der Fassade der Pester Invalidenkaserne — heute Rathaus — (1729—1735) am anspruchsvollsten. 25 Die Thematik dieser Darstellungen wurde, wie belegt, vom Wiener Hof vorgeschrieben. 26 Die augenfällige Gemeinsamkeit an diesen Programmen ist, dass sich hier genau diejenige, der Dynastie bzw. dem Herrscher selbst huldigende Reichsidee manifestiert (allerdings ohne irgendeiner Bezug auf Ungarn und ohne jedwede ,, couleur locale"), die jene Schöpfungen generell charakterisiert, die von den Habsburgern in Auftrag gegeben wurde, zu ähnlichen Gattungen gehören und aus derselben Zeit stammen. Angesichts dieser Arbeiten haben wir den Eindruck, dass diese Bildwerke und Reliefserien nicht nur in Wien, sondern beliebigen Orts innerhalb der Grenzen des Deutsch-Römischen Reiches hätten aufgerichtet werden können. Wir halten es für ein merkwürdiges Moment, dass diese Werke den Herrscher nicht als Karl III, also als König von Ungarn, sondern als Karl VI, d. h. eindeutig und unmissverständlich als den Kaiser des Reiches rühmen. 27 Das Programm der Györer Monstranz weicht jedoch — zwar nur in einer einzigen Beziehung, jedoch augenfällig — von diesem, vor allem an die Gestalt Karls VI anknüpfenden ikonographischen Schema ab, zumal darin ein eigenartiges Motiv — obgleich in latenter Weise, gemäss einer „kaisertreuen" Auslegung, und dem Reichsgedanken untergeordnet —, nämlich die Idee des Regnum Marianum auch zum Ausdruck kommt. Unter Berücksichtigung dieser Fakten scheint es für wahrscheinlicher zu sein, dass das Konzept der Monstranz von Győr nicht vom Wiener Kaiserhof stammt. Dafür spricht noch folgendes: der Hof Karls VI beschäftigte in den Jahren um 1731 Goldschmiede, vor allem jene die im eigenen Dienst standen, aber auch Künstler, die in Augsburg tätig waren. 28 Zugleich besitzen wir keine Angabe, aber auch kein bekanntes Goldschmiedewerk, die es beweisen würden, dass Ignaz Wilhelm Dermer, der um diese Zeit noch als junger Meister am Anfang seiner künstlerischen Laufbahn gestanden hat, je für den Wiener Kaiserhof gearbeitet hätte. Mithin müssen wir den Auftraggeber für die aus dem Jahre 1731 stammende Monstranz nicht hier, sondern in einem anderen Kreis suchen. Fürs erste könnte die Vermutung zutreffen, dass die Anfertigung der Goldschmiedearbeit die Jesuiten in Győr in Auftrag gegeben haben und das ikonographische Programm demgemäss von einem einflussreichen Pater, eventuell vom Rektor des Kollegs selbst konzipiert wurde. Bevor wir aber diese Möglichkeit akzeptieren, lohnt sich die Frage zu stellen, ob die ungarischen, in unserem Falle die Györer Jesuiten den verbal formulierbaren Sinngehalt, das heisst sämtliche Elemente jenes klar und eindeutig darlegbaren Bedeutungsinhalts, die vom ikonographischen Programm vermittelt werden, als ihr eigen betrachten und dazu stehen konnten. Scheinbar ist die Frage einfach und kann unschwer beantwortet werden. Wie überall im ganzem Reich genoss der Jesuitenorden auch in Ungarn die wirksame Unterstützung des Wiener Kaiserhofes; die Ordensgeistlichen waren auch besonders Anhänger des Habsburg-Herrschers. Wenn wir aber zugleich die schriftlichen Dokumente und die diese veran-