Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 6. (Budapest, 1979)

SZILÁGYI, András: Unbekannte Werke aus dem 16—17. Jahrhundert in der Sammlung für Kleinplastik

felsigen Berggipfels. Ihr Meister bestrebte den abgetrennten Felsen, bzw. das rohe Gestein nachzuahmen. Im Falle dieser Stücke — abweichend von den übrigen Handsteinen — ist es ihm nicht durch Ver­wendung des Silberglanzerzes als Hinter­grund, sondern durch die rauhe Oberflä­chenbehandlung, bzw. die glatte Polierung des Hintergrundes erreicht. Auf der Rückseite (Abb. 4.) des Wie­ner Handsteins erscheint eine Szene der Schlacht von Pavia in 1525, die Huldigung des Königs von Frankreich, Franz I. vor Kaiser Karl V. Auf Grund des Themas dieser Darstellung ist es als gewiss anzu­nehmen, dass dieses Werk auf eine Habs­burgische Bestellung entstand. Seine,Pro­venienz — der Handstein gehörte einst zur Kunstsammlung des Schlosses Ambras bei Innsbruck — macht es zweifellos, dass dieses Stück für Erzherzog Ferdinand (1520—1595) verfertigt wurde, der in der Mitte des 16. Jahrhunderts, als Statthalter von Böhmen die Tätigkeit der Joachims­thaler Bergwerke mit besonderer Auf­merksamkeit verfolgt hat.'' Die Rückseite des Budapester Hand­steins ist durch eine Szene aus dem Alten Testament — Simson mit den Stadttoren von Gaza — dekoriert (Abb. 2.). Laut der Beschreibung des Buches der Richter sperrten die Philister, um Simson gefan­genzunehmen, die Tore von Gaza. Der Held von legendenhafter Stärke der Bibel riss die Tore heraus und trug sie auf den Berg des Hebron hinauf. Das Thema der Darstellung ermöglicht, dass der einen fel­sigen Berggipfel nachahmende Hinter­grund nicht bloss ein dekoratives Element sei, sondern zugleich zu einem organischen Bestandteil der Komposition werde. Diese Szene aus der Geschichte Simsons kommt auf unserem Stück als alttestamentliches Vorbild der Auferstehung vor. Die Stadt Gaza weist in diesem Zusammenhang auf das heilige Grab hin, die Stadttore deuten auf den sich öffnenden Sargdeckel und zu­gleich auf das Tor der Unterwelt, das auf Befehl des auferstandenen Christi sich öff­net. Die Theologen des Mittelalters haben gewisse Ereignisse des Alten Testaments mit jenen aus dem Neuen Testament in Zusammenhang gebracht. Diese Auffas­sung, das sog. typologische Denken, blickt auf eine besonders alte Tradition zurück, es gelangte zur höchsten Vollendung in den Schriften der Kirchenväter, vor allem in jenen des Augustinus (354—430). Seit dem 12. Jahrhundert werden die typologi­schen Darstellungen immer häufiger, sie erscheinen auf Werken verschiedener Kunstgattungen, auf Miniaturen, Emailal­taren und Glasgemälden der gotischen Ka­thedrale. Auf letzteren, sowie auf einigen Wandgemälden der Zeit ist die Verbrei­tung der typologischen Bildzyklen zu be­obachten. Im Spätmittelalter kommen sie auf Illustrationen der Armenbibel, sowie auf Holzschnitten des Speculum Humanae Salvationis besonders häufig vor. 7 Während des Mittelalters wird die Typologie in gewissen Zeiten besonders betont. Seitens der Theologen des Mittel­alters hat der Hinweis auf die Typologie Beziehungen zu den aktuellen kirchenpoli­tischen Tendenzen. Im Laufe des 4., später in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts steht die Typologie im Dienst jener kir­chenpolitischer Auffassung, die sich — ge­wissen mehr oder weniger heretischen Tendenzen gegenüber — vor allem auf die Bestätigung des Alten Testaments be­strebte. Dieser Zusammenhang macht es wahrscheinlich, dass dem Speculum Hu­manae Salvationis, von der Seite seiner Propagatoren, eine gewisse Rolle erteilt wurde, die Bewegung der Waldenser zu­rückzudrängen. Die letzteren, die den 75

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