O. G. Dely szerk.: Vertebrata Hungarica 21. (Budapest, 1982)

Peters, G.: Phylogenetische Probleme der Lepidosauria 209-214. o.

Diese Studie soll hier nicht referiert werden. Im Sinne der eingangs angesprochenen Vor­rangaufgabe der Systematik sei vielmehr folgender Frage nachgegangen: Ist die Schlussfolgerung von GANS, die Amphisbaenia seien ranggleich neben die Echsen (Sauria) und Schlangen (Serpentes) zu stellen, eine Aussage, die den Möglichkeiten der phylogenetischen Methode gerecht wird, oder könnte es angehen, ihr eine noch präzisere Fassung zu geben ? Um zu einer Antwort zu kommen, müssen einige wesentliche Befunde und Erkenntnisse von GANS und anderen Autoren ins Gedächtnis gerufen werden: Die Amphisbaenen sind eine monophyle­tische Gruppe. Sie steht weder den Echsen in ihrer Gesamtheit verwandtschaftlich näher als den Schlangen, noch hat sie zu irgendeiner Teilgruppe der Echsen engere taxonomische Beziehungen als zu anderen - wie ja bis dato weithin angenommen wurde (Amphisbaenidae als Familie der Un­terordnung Sauria). Mit dieser Feststellung bestätigte GANS Autoren wie COPE (1882, 1900), ZANGERL (1944), TAYLOR (1951), KUHN (1961) und andere, womit zugleich die Auffassung, die Amphisbaenen seien eine Squamatengruppe, wie sie etwa BOULENGER (1885), VANZOLINI (1951), ROMER (1956), ich selbst, GORMAN (1973) und soeben noch BÖHME (1981) vertreten, in Abrede gestellt wird. Bekanntlich gab es auch verschiedentlich die Behauptung, die Amphisbaenen seien gar keine Amnioten (z.B. KESTEVEN 1957). Sie hält jedoch einer ernsthaften Prüfung nicht stand. Der Modur der Embryonalentwicklung, die Struktur des Atlas-Axis-Komplexes, die partielle Teilung des Herzventrikels und andere Merkmalsyndrome weisen die Amphisbaenia eindeutig als Amniota aus. Schliesslich: im Sinne der anagenetisch motivierten Konvention, alle jenen rezenten Amnioten als Reptilien zu bezeichnen, die weder Federn tragen wie die Vögel oder Haare wie die Säuge­tiere, sind die Amphisbaenen Reptilien. Als unzutreffend erwiesen sich mittlerweile auch gelegent­liche Behauptungen über einen polyphyletischen Ursprung der Doppelschleichen (MATTHEY 1954). Die Zugehörigkeit der Amphisbaenen zur Gruppe der Squamata kann ebenfalls kaum bezweifelt werden: retraktile Hemipenes, ein sexuelles Segment in der männlichen Niere, ein echter Eizahn, die quergestellte Kloakenspalte und auch die gruppentypische Struktur des Jacobsonschen Organs sind mit hoher Wahrscheinlichkeit abgeleitete Merkmale, die die Amphisbaenia mit allen anderen Squamaten teilen. Damit ist zugleich auch gesagt, dass die Squamata ein monophyletisches Taxon darstellen. Als Schwestergruppe der Squamata innerhalb der Lepidosauria sieht auch GANS die Rhyncho­cephalia mit ihrer einzigen rezenten Art, Sphenodon punctatus , an. Dies ist eine vertretbare Hy­pothese. Es muss jedoch noch sehr genau geprüft werden, mit welchem Mass von Sicherheit sie akzeptiert werden kann (CARROLL 1977). Präformierte Bruchstellen in den Zentren einiger basaler Schwanzwirbel (Autotomie), ein gestreckter dünner Stapes, die Konstruktion des Sternums in Ver­bindung mit den vorderen Brustrippen und einige andere Kriterien könnten Synapomorphien der Lepidosaurier darstellen und somit die Rhynchocephalier, zumindest aber die Sphenodontidae, als Schwestergruppe der Squamata möglich erscheinen lassen. Doch, um es zu wiederholen, angesichts der zahlreichen und vielfach auch realisierten Möglichkeiten von Parallelevolution ist dies nicht mehr als eine zulässige Annahme. GANS plädierte dafür, die Amphisbaenia entweder weiterhin als Unterordnung oder - besser noch - als Ordnung der Squamata anzusehen, die Squamata selbst dann entsprechend als Ordnung (wie bisher) oder aber als Superordnung. Doch die Frage nach der Zuerkennung eines bestimmten absoluten Ranges für ein gegebenes Taxon soll hier nicht im Detail erörtert werden. Sie gehört in einen anderen Themenkreis. Im Zusammenhang mit phylogenetischen Überlegungen ist nur der Umstand relevant, dass Taxa, soweit sie monophyletisch sind, nicht durch die ihnen zugemessene Ranghöhe vergleichbar werden, sondern lediglich durch die Ermittlung ihres ungefähren geologi­schen Mindestalters. Zurück zu den Amphisbaenia: Ihre Monophylie, ihr Ursprung aus einer Wurzel, können mit hoher Wahrscheinlichkeit vermutet werden. Er wird durch zahlreiche autapomorphe Merkmalsyndro­me evident: ein vergrösserter medianer Prämaxillarzahn, eine grosse orbitosphenoid-pleurosphe­noide Platte, die besondere Struktur der Supralabialdrüsen, Dominanz des linken Aortenbogens, die besondere Beschaffenheit des Integuments, die Entwicklung des eigenartigen Extracolumellar sys­tems usw. GANS diskutierte ausführlich eine Reihe von Merkmalen, in denen die Doppelschleichen ent­weder den Schlangen oder aber den Echsen ähnlicher sind und meinte, dass generell wohl eine grössere Affinität zu den Echsen bestünde. Diese Ähnlichkeiten beruhten jedoch in ihrer Mehrzahl auf Übereinstimmungen in ursprünglichen (plesiomorphen, ancestralen) Merkmalen und im übrigen auf Parallelevolution. Das taxonomisch-phylogenetische Resultat seiner Analysen und Vergleiche sah GANS in der

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