O. G. Dely szerk.: Vertebrata Hungarica 15. (Budapest, 1974)

Dely, O. G.: Über die Unterarten der Blindscheiche, Anguis fragilis L 11-38. o.

Wie schwer und wie unsicher aber die tiergeographischen Verhaltnisse auf Grund von einzelnen Exemplaren beurteilt werden können, beweist u.a. das junge Exemplar, das von MERTENS (1952) aus Nord-Anatolien (Abant-See) beschrieben wurde. Das Tier zeigte ziemlich eindeutig den für die Nominatform charakteristischen Merkmalskomp­lex. Auf Grund dieses einzigen Exemplars könnte man aus dem Gebiete der Türkei mit dem Vorkommen der Nominatform: Anguis fragilis fragilis LINNAEUS rechnen. Aber wie verfehlt es wäre auf Grund dieses Befundes tiergeographische Spekulationen zu ent­wickeln, beweisen die spateren Befunde von EISELT (1965), der eine grössere Anzahl von Blindschleichen aus der Türkei untersuchen konnte. Es gelang ihm einwandfrei nachzuweisen, dass die in der Türkei einheimischen Blindschleichen zu der Unterart colchicus (NORDMANN) gehören. Es ist weiterhin selbstverständlich, dass manche Autoren die gegenwärtige geographi­sche Verbreitung der Blindschleichen-Unterarten mit der nacheiszeitlichen Evolution und Areal Verschiebungen der Art Anguis fragilis in kausalen Zusammenhang bringen möchten . Die Deutungsversuche sind aber unterschiedlich . Nach VOIPIO (1962) verdrängte die Eiszeitvergletscherung Mitteleuropas sämtliche Blindschleichen-Bestände dieses Gebietes, die dadurch in eine "westliche" und eine "östliche" Gruppe geteilt wurden. Beide Gruppen konnten die Eiszeit nur in südlichen Refugien überleben. Während der langdauernden Isolierung kamen in der "westlichen" Gruppe die fragilis-, in der "östlichen" die colchicus­Merkmale zum Vorherrschen. Als dann nach dem Eiszeitalter das Klima Mitteleuropas milder wurde, drangen nun die Blindschleichen aus den südlichen Refugien wieder nordwärts . Der westliche Teil Eu­ropas wurde von fragilis-Be ständen, der östliche dagegen von colchicus­Beständen be­siedelt. Nach VOIPIO ist also der heutige Kontakt der beiden Unterarten in Mitteleuro­pa sekundär und die Mischpopulationen dieser Gebiete sind auf eine Introgression der beiden Unterarten zurückzuführen. Im Grunde genommen schliessen sich STUGREN - FUHN - POPOVICI (1962) dieser Auffassung an. Sie behaupten, dass Rumänien - trotzdem, dass die Art Anguis fragilis schon aus pliozänen Ablagerungen des Karpatenbeckens bekannt ist (BOLKAY, 1913) ­in den Postglazialzeiten einerseits von der im Südosten ausgebildeten Unterart colchi­ cus , andererseits aber auch von der in westeuropäischen Refugien entstandenen Nomi­natform besiedelt wurde. Neben diesen Einwanderern entwickelten sich im Bihar-Ge­birge solche Blindschleichen Populationen, die von Glazialrelikten einer voreiszeitlichen primitiven Sammelform herstammten, später aber sich mit der eingewanderten Nomi­natrasse vermischt hatten, und deshalb an ihnen die fragilis Merkmale vorherrschen. BESCHKOV (1966) ist anderer Meinimg. Er nimmt an, dass in den Praeglazial-Zeiten eine primitive Ausgangsrasse lebte, die sich aber nach dem Eintritt des Eiszeitalters nur im Peloponnesos und vielleicht an der bulgarischen Schwarzmeerküste erhalten konnte. Diese Blindschleiche verbreitete sich während einer der Zwischeneiszeiten­jetzt schon aber als die Nominatform (? Anguis fragilis fragilis L INNAEUS) - im ganzen Gebiete Bulgariens (sowie im Tiefland als auch in den Gebirgen) . Infolge der Kalte­zunahme starb sie aber in der Karpathen-Gebirgskette (worunter der Verfasser wahr­scheinlich das Balkan-Gebirge meint) aus. Nach dem Zurücktreten der Gletscher be­schränkte Anguis fragilis fragilis ihre Verbreitung in Bulgarien auf die Gebirgsgegen­den. Gleichzeitig begann aus dem Südosten die Eindringung der Unterart Anguis fragilis colchicus , die zuerst die Schwarzmeerküste der Balkan-Halbinsel besiedelte. Die col-

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