Gábor Eszter: Die Andrássy Straße - Unser Budapest (Budapest, 2002)

Der Bau der Straße bedeutete natürlich eine ernste Aufgabe der Stadtpla­nung; damit beschäftigte sich der ebenfalls von Graf Andrássy initiierte, 1870 — nach Londoner Beispiel — gegründete Hauptstädtische Rat für Kommunal­arbeiten (HRK). Zuerst mußte der genaue Verlauf bestimmt werden. Die ursprüng­liche Vorstellung markierte nur den Ort zwischen der König Gasse und der Eisenbahn. (Das Gebiet entspricht ungefähr dem heutigen VI. Bezirk.) Diese Gegend war damals eine Vorstadt-Siedlung. Zwischen schmalen Gassen, eben­erdigen Häusern, Nebengebäuden und Hütten, standen hie und da größere, manchmal mehrstöckige Gebäude und ein-zwei Fabriken. In den äußeren Gegenden (östlich der heutigen Felső erdősor und der Szinyei Merse utca) befanden sich abwechselnd Weingärten und Kartoffeläcker, dazwischen einige bescheidenere Ferienhäuser. Die Strecke wollte man so bestimmen, daß sie sowohl dem Zweck entsprechen sollte, als auch dabei sowenig wie möglich wertvolle Gebäude abgetragen, abgekauft oder enteignet werden müßten. Im Abgeordnetenhaus entfachten die Ausgaben der Regierung trotzdem feurige Debatten: die Aufregung galt der Tatsache, daß man mehrere Millionen Forint zum Bau eines luxuriösen „Spazierwegs" verwenden wollte. Im Dezember 1870 stimmten sie trotzdem der Anleihedeckung zu und die praktischen Vorbereitungsarbeiten konnten beginnen. Das Gebiet löste der Hauptstädtische Rat für Kommunalarbeiten aus und schloß mit dem zu diesem Zweck gegründeten Radialstraße- (Sugárúti-) Bauunternehmen, einem franzö­sisch—deutsch—ungarischen Konsortium den Vertrag zum Ausbau der Wegstrecke (Kommunalwerke, Straßenbau usw.) sowie der Verwertung des Baugrundes. Das Unternehmen begann auch mit den Abrißarbeiten, dem Straßenbau und der Parzellierung, ja sogar mit dem Bau einer Mietshausgruppe aus sieben Häusern, mit vier Miethäusern am Oktogon und vier Villen — der Wiener Börsenkrach von 1873 erschütterte jedoch seine Besitzverhältnisse der­maßen, daß es dem Auftrag nicht nachkommen konnte. Nach langen Verhand­lungen trat es 1876 zurück, erstattete das Gebiet dem Hauptstädtischen Rat für Kommunalarbeiten zurück, der nun zwangsweise die Arbeiten in eigner Unternehmung weiterführte. Den Ausbau der Radialstraße (Sugárút) leitete —vom obigen kurzen Zwischen­spiel abgesehen — also der HRK. Zuerst bestimmte er die Art der Gestaltung der Wegstrecke... die 1218 Klafter (2200 Meter) lange Strecke wurde durch das An­legen zweier Plätze in drei Abschnitte verschiedenen Charakters geteilt. Vom Waitzner Ring (Váci körút, heute Bajcsy-Zsilinszky út) bis zum Oktogon konnten entlang der 18 Klafter (32 Meter) breiten Straße der Reihe nach drei- und vier­stöckige Häuser gebaut werden. Der mittlere Abschnitt zwischen Oktogon und Rundplatz (Körtér, heute Kodály körönd) wurde 24 Klafter (43 Meter) breit; hier teilten zwei Spazierwege den Fahrweg in drei Bahnen — in der Mitte für die Gespanne, zu beiden Seiten für die Reiter. Auf diesem Wegabschnitt sollten in 6

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