Gábor Eszter: Die Andrássy Straße - Unser Budapest (Budapest, 2002)

dritte Stock ist etwas bescheidener, dort gab es auch ursprünglich zwei Woh­nungen, die eine mit vier, die andere mit drei Zimmern zur Straße hin. Die lichte Höhe der Stockwerke weicht kaum voneinander ab, der erste Stock ist 4,40, der zweite 4,42, der dritte 3,85 Meter hoch. Auch die Maße der Höhe zeugen vom gleichen, wie die Zahl der Zimmer: der erste und zweite Stock sind sozusagen gleichrangig, der dritte untergeordnet. Abweichend vom bisher in Budapest Gewohnten, ist in diesem Haus nicht der erste, sondern der zweite Stock das hervorgehobene Hauptstockwerk, die „Belétage". In den Mietshäusern und Miets­palästen des 19. Jahrhunderts war das eine Stockwerk — wie bei den früheren Palästen — dekorativer ausgestattet, mit größeren Fenstern. Dahinter befanden sich damals nicht mehr die repräsentativen Säle, sondern die am sorgfältigsten ausgestattete Wohnung, meist die des Hausherrn. Die dreieckigen Tympanna über den Fenstern des zweiten Stocks des Hauses Andrássy üt 11 krönen ange­lehnte Figuren; diese wurden jedoch nicht aus Bronze gegossen, wie diejenigen des Saxlehner-Hauses, sondern aus Zink gefertigt und erhielten nachher durch Farbe eine steinimitierende Natur (auch ursprünglich). Es sind keine Einzelwer­ke, sondern Vervielfältigungen. Der aufmerksame Betrachter wird wahrnehmen, daß sich je eine Gestalt wiederholt. In den folgenden Häuserblocks funktionierten jahrzehntelang die beiden angesehenen Budapester Bücherverlags- und Vertriebsfirmen: Von 1885—1912 im Haus Nr. 10 (später Nr. 16) die Singer und Wolfner Literaturinstitut AG, seit 1943 Neuzeitliches Literaturinstitut AG (Singer und Wolfner). Das Geschäft wurde später Lieferant des Staatlichen Büchervertriebsunternehmens, dann die Gyula Illyés Buchhandlung. Heute befindet sich an seinem Ort ein Luxusschreibwaren­laden, der musizierende Füllfederhalter verkauft. Gegenüber, im Haus Nr. 21 ver­schönte von 1888—1934 der große und elegante Buchladen der Firma Robert Lampel (Wodianer und Söhne) die Straße. Später funktionierte hier der Tsche­chische Kulturladen für Bücher und Musik, heute befindet sich hier ein Möbel­geschäft. Die Gebäudereihe wird nach den ersten elf, bzw. zwölf Häusern durch einen heute kaum noch spürbaren Platz, den Hermina tér unterbrochen. Hier steht das schönste Gebäude der Andrássy út — das Opernhaus von Miklós Ybl — , gegenüber das Jugend-Meisterwerk Ödön Lechners, das Mietshaus des Pensions­instituts der Ungarischen Staatlichen Eisenbahnen. Dem Bau des Opernhauses ging ebenfalls eine Ausschreibung voraus, an welcher sich neben einheimischen Architekten auch die Wiener Spezialisten­firma für Theaterplanung, Fellner und Helmer beteiligte. Miklós Ybl gewann und erhielt den Auftrag. Vom gewonnenen Wettbewerb bis zum verwirklichten Gebäude war der Weg sehr lang. Der bei Beginn der Planung schon sechzig Jahre alte Meister änderte und schliff den Entwurf jahrelang, um ihn aufs Höchste zu perfektionieren. Natürlich nicht nur deshalb, sondern auch der '7

Next

/
Thumbnails
Contents