Zeidler Miklós: Sportanlagen - Unser Budapest (Budapest, 2000)

sowie der Ausbau des Rangierbahnhofs von Franzstadt ver­minderte das Prestige der Pferderennbahn. So zögerte der Ungarische Reiterverein nicht lange, als sich in den 1870er Jahren die Möglichkeit ergab, in der Nähe des Stadtwäld­chens ein Gelände in entsprechender Größe zu pachten. Die neue Bahn auf der Csömöri (heute Thököly) út, die das ganze Gebiet des heutigen Volksstadion mit allen Sport­bauten und -anlagen einnahm, wurde am 17. Oktober 1880 eröffnet. Die Presse lobte die von Frigyes Feszty entworfene Rennbahn, und besonders hob sie die Stimmung und Har­monie der Anordnung von Gebäuden und Parks hervor. In den Tribünenbauten warteten herrliche Säle auf die Be­sucher, und die Königsloge im Renaissancestil bot den höfi­schen Kreisen den höchsten, damals erdenklichen Luxus. Bald wurde die Stefánia út gebaut, die von der Sugár (heute Andrássy) út durch das Stadtwäldchen hindurch bis zum Pferderennplatz verlief, und entlang dieser Straße entstanden nacheinander die prächtigen Villen der oberen Zehntausend. Der Betrieb, der auf der günstig gelegenen Pferdebahn herr­schte, übertraf alle Erwartungen. Am Tage der großen Derbys- zum Beispiel bei den Rennen im Mai um die Königs-Preise- wälzte sich eine solche Menge auf der Stefánia út entlang, daß es unmöglich war, auf die andere Straßenseite zu gelan­gen. Es verwundert also nicht, daß die phantastische, ein­einhalb Meilen große Rennbahn, deren Bau eine halbe Mil­lion Forint gekostet hatte, schon vor dem Krieg von den Buda­pestem als „altmodisch“ und „zu klein“ angesehen wurde. Der Reiterverein wählte ein riesiges Grundstück auf der Ke­repesi út aus und beauftragte Vilmos Ruppert mit der Anfer­tigung der Entwürfe für eine neue Rennbahn. (Das war auch deshalb notwendig, weil die Hauptstadt 1910 mit einer kur­zen Frist den Pachtvertrag für das Gelände auf der Csömöri út gekündigt hatte.) Die grandiosen Pläne von Ruppert konn­ten jedoch wegen des Krieges und des wirtschaftlichen Zu­sammenbruchs nicht verwirklicht werden. Die „alte“ Pferde­rennbahn ging inzwischen still zugrunde. Zur Zeit der Räte­republik wurde dieses Symbol der herrschaftlichen Leicht­fertigkeit vernichtet, das Gebiet der Bahn wurde umgepflügt und für kurze Zeit landwirtschaftlich genutzt. Das Publikum, das auf die Wettkämpfe nicht verzichten konnte, besuchte in dieser Zeit die Rennen in Alag und Káposztásmegyer. Anfang der zwanziger Jahre konnte endlich mit dem Bau der neuen, von Andor Wellisch geplanten Galopprennbahn 32

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