Ferkai András: Geschäftsfassaden - Unser Budapest (Budapest, 1996)

Braumann wurde in einen modernen Autobuswarteraum verwandelt), dann durch den Krieg und den Wiederaufbau zerstört. Nur die Geschäftsfront mit gebogenem Glas des „kleinen Geschäfts“ an der Seitenfassade des Hauses be­hielt ihre originale Form, ln den sechziger Jahren wurde die nach drei Straßen hin sich öffnende, ganze Geschäfts­fassade sämtlicher, noch übriggebliebener Dekorationen be­raubt. Inzwischen nahm die Konditorei immer mehr Raum ein, 1981 füllte sie dann die ganze Hauptfassade des Ge­bäudes aus. Gereben hatte den Zustand von 1912 als Basis seiner Sanierungsarbeiten genommen, da dieses die Glanzzeit des Gerbeaud gewesen war und diese Periode am ehesten die Stimmung der „glücklichen Friedenszeiten“, den Reichtum der bürgerlichen Lebensweise widerspiegelte. Der neue Plan war keine genaue Rekonstruktion. Das war auch gar nicht möglich, da es hier 1912 mehrere verschiedene Ge­schäfte, 1981 jedoch nur noch die Konditorei gegeben hatte. Man brauchte nicht so viele Eingänge wie früher, das heutige Geschäft verlangte jedoch einen Eingang in der Mittelachse des Gebäudes - wo es früher keinen gab. Ein neuer Anspruch war, die Auslagenfenster bei gutem Wetter öffnen zu können, hochzuziehen. Das Baugeschäft vom Anfang der achtziger Jahre besaß jedoch lange nicht die Fähigkeiten desjenigen der Jahrhundertwende. Die neue Geschäftsfassade widerspiegelte also - nolens, volens - die Realität ihrer Epoche. Der Plan rekonstruierte den Zu­stand zur Zeit Fellners insoweit, daß er eine auf die vor­springenden Risalite aufgebaute Fassade konstruierte, die in ihren Hauptzügen und ihrer Materialverwendung (rote Granitverkleidung und oben geteilte Metallfassade) der al­ten gleicht. Hinter den heutigen Schaufenstern präsentiert sich jedoch nicht der Anblick der Waren, sondern die ori­ginalen steingefaßten Öffnungen des Gebäudes, die der Architekt den Vorbeigehenden als „Baudenkmalsfunde“ vorstellt. Die beiden Schichten - die Schaufenster im Stil der Jahrhundertwende und die freigelegte klassizistische Fassade - werden von schweren Samtvorhängen geteilt, die ganz der Welt der Kaffeehäuser entsprechen. Die sorg­fältig renovierten bronzenen Lampen und die neugegos­senen Wandleuchter befinden sich wieder an der Fassade, an den Türen wieder die originalen Türklinken und Be­schläge. Hinter dem in fast wie früher erstrahlenden Äu­ßeren bewahrt die nun wieder Gerbeaud genannte Kondi­torei im Interieur die originale Einrichtung, jeweils nach Räumen in verschiedenem Stil und verschiedener Atmo­42

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