Nemes János: Heilendes Budapest - Unser Budapest (Budapest, 1993)
Blick in die Vergangenheit
dem Engländer Lister, die etwa gleichzeitig zu ähnlichen Schlußfolgerungen gelangten. Aber wie es zu sein pflegt, wurde ihm statt Ehre und Anerkennung nur Neid und Boshaftigkeit zuteil. Es dauerte noch vierzig Jahre, bis seine Arbeit lange nach seinem Tod Anerkennung fand und was noch wichtiger war, zur Anwendung kam. Es ist schon Ironie des Schicksals, daß Semmelweis an einer Blutvergiftung starb, an der Krankheit, gegen die er sein ganzes Leben lang gekämpft hatte. Neben zahlreichen öffentlichen Gebäuden und ärztlichen Vereinigungen trägt auch die medizinische Universität in Budapest seinen Namen. Dort hatte er während der letzten Jahrzehnte seines Lebens als Professor der Lehrstuhl inne. Der Semmelweispreis ist heute eine der bedeutendsten ungarischen Auszeichnungen für Ärzte. Selbst bei einem so kurzen Rückblick darf man das Bekanntmachen mit dem Leben und Werk des bis zum heutigen Tage einzigen ungarischen Nobelpreisträgers für medizinische Forschung Albert Szent-Györgyi nicht vergessen. Er erfreute sich außerordentlicher Beliebtheit und Geehrtheit. 1892 in Budapest geboren, war er noch keine vierzig Jahre alt, als er als Professor der Szegeder medizinischen Universität das Vitamin C herstellte. Er synthetisierte dieses aus mehreren Tonnen (!) grünem Paprika, der im Gebiet von Szeged reichlich wächst. Wegen seiner Wirkung - Vitamin C als Mittel gegen Skorbut - nannte man es Ascorbinsäure. Nicht viel später gewann er auf ähnliche Art und Weise Vitamin P aus Zitronen. 1937 bekam er den Nobelpreis und wurde Gastprofessor an zahlreichen Universitäten, unter anderen an den Harvard- und Sorbonne-Universitäten. Er war ein tapferer Mann des öffentlichen Lebens, eingefleischter Demokrat und Antifaschist. Im II. Weltkrieg konnte er nur aufsehr abenteuerlichem Wege aus den Klauen der Gestapo flüchten. 1948 verlegte er aus Protest gegen die immer stärkere, dem Stalinismus ähnliche, Unterdrückung seinen Wohnsitz in die USA. Auch dort sind zahlreiche großartige Erfindungen auf seinen Namen zurückzuführen. (Vielleicht erinnern sich noch viele Naturwissenschaftler an den, in den Mittel- und Hochschulen als Grundlage gelehrten Szent-Györgyi-Krebs- Zyklus.) 1986 starb er in Woods Hole (USA). 1987 nahm die ehrwürdige medizinwissenschaftliche Universität in Szeged den Namen des einstigen großen Professors an. Das Semmelweismuseum für Medizingeschichte Wen das ungarische und internationale Gesundheitswesen in Einzelheiten interessiert, sollte das Kennenlernen beim Sem9