Szatmári Gizella: Das Burgviertel - Unser Budapest (Budapest, 2001)

An der Südseite des Szent György tér erhebt sich der Gebäudekomplex des einstigen königlichen Palastes. Ganz vorne stand das zwischen 1687 und 1736 ge­baute militärische Waffenlager, das Ende des 19. Jahr­hunderts abgetragene Zeughaus. Es wird erzählt, daß an dieser Stelle, oder in der Nähe, einst ein umzäunter Maul­beerbaum (oder Holunder) gestanden habe, an den die Geschichte des Husarenhauptmanns Ramocsaházy an­knüpft. Ihn hatten nämlich die Türken nach der Rücker­oberung Budas an diesen Baum gehängt; der junge Baum bog sich jedoch, und der großgewachsene Haupt­mann erreichte den Boden mit seinen Zehen. So blieb er mit Hilfe der rettenden Armee am Leben. Kaiser Leopold 1. ernannte den Helden zum Burghauptmann, und dieser pflegte noch lange den berühmten Baum. Es heißt, daß aus seinem Stamm der „Eisenklotz“ gefertigt wurde, in welchen die Wanderburschen je einen Nagel einschlugen, wohl zur Erinnerung oder als Nachricht; der Klotz soll vor dem Haus Nr. 22 in der Iskola utca unter dem Burghang gestanden haben. Von der Geschichte des königlichen Palastes ist gut zu wissen, daß Buda im 14. Jahrhundert zum Rang einer Herrscherresidenz erhoben wurde, damit Esztergom und Székesfehérvár in politisch-gesellschaftlichem Gewichte übertreffend. Karl Robert hielt sich noch lieber in Visegrád als in Buda auf. Sein Sohn Ludwig der Große, der zwischen 1343 und 1382 regierte, begann die Erweiterung der Festung aus der Tatarenzeit und baute sie zum königli­chen Palast um. Aus jener Zeit ist der sogenannte István Turm erhalten geblieben (im Bereich des Budapester Historischen Museums) sowie die sogenannte Anjou Bastei am Nordende des Burgbergs (im Hof des Museums für Kriegsgeschichte bzw. hinter dem Gebäude). Auch Sigis­mund von Luxemburg verstärkte die Burgmauern, ein Teil davon ist auch heute noch am Südende des Szent György tér sichtbar. Sein „Neuer“ Palast hat sich wohl vor allem auf dem Gebiet des heutigen Museums für Gegenwarts­kunst - dem Ludwig Museum (früher Museum der Arbei­terbewegung) und des Nordflügels der Ungarischen Na­tionalgalerie befunden. Im Inneren des Palastes steht der sogenannte Csonka (Unvollständige) Turm, der wegen des Todes des Königs unvollendet blieb. In der Türken­46

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