Bodor Ferenc: Die Pressos der Stadt - Unser Budapest (Budapest, 1992)

all modernstes Material. Und Neonschriften, Neonbrausen mit Neonluftbläschen, Neontrinkhalme und Neonfrauen mit Neonkaffeetassen! Das war schon Amerika, mit prachtvollen Wurlitzer-Jukeboxen und den neuesten Platten von Bill Haley und Elvis Presley. Diese Hochkonjunktur der Moderne dauer­te nicht lang, aber einige Beispiele blieben bis in unsere Tage hinein erinnerungswürdig — man denke bloß and das hiapo- letana, an das Donaucorso und an das Espresso Szabadsäg- hid (Freiheitsbrücke). Am Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre ging schon die holzvertäfelungswütige, rustikale Welle los, die er­gänzt durch den Bierbarrausch der alles verkupfernden Maffia die Gastronomie unserer Tage gesichtlos gemacht hat. Der Verfall wird durch die Welt der neukalten Lokale, Pizzerias und Fast-food Hallen nur noch beschleunigt, über die Pressos ist die Zeit — jedenfalls im heutigen Buda­pest — hinweggegangen. An ihrer Stelle springen dem Pas­santen Hi-Fi-Läden, Bierstuben und Shops mit ihrer Häßlich­keit ins Auge. Die alten Pressos sind verschwunden, gleich dem zum Symbol gewordenen Quint am Rathaus, dieser ehemaligen Zufluchtsstätte von Bürgern und Liebespaaren. Die Gastronomie am Jahrhundertende scheint nicht mehr besonders zu mögen, wenn Menschen miteinander reden und Kaffee trinken. Im auf den Schutthaufen geschmissenen Spie­gel können wir noch blaß die kaffeedampfbeschlagene Figur des Pester kleinen Mannes erkennen, dies ist aber nur mehr pure Nostalgie oder bloße Imagination. Andere Spitzengefüh­le* bereiten ihre Offensive vor. * Anspielung auf den Wortlaut eines in Ungarn geläufigen Coca-Cola-Werbe- spots. 4

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