Kiss Katalin: Industrielle Baudenkmäler - Unser Budapest (Budapest, 1993)

sägenartigem Dach. Dies eigenartige Haus ist eines der am schönsten renovierten industriellen Baudenkmäler der Stadt: die große Halle der Hartgießerei der Ganz- Werke, welche Mitte des vorigen Jahrhunderts erbaut wurde. Ábrahám Ganz, der Gründer der Budaer Ganz- Gießerei, wurde 1814 im Kanton Zürich geboren. Er erlernte das Gießen und machte sich als Meisterlehrling auf die Wanderschaft: zuerst nach Deutschland, dann nach Wien, und im August 1814 kam er nach Buda­pest. In der Gießerei der damals gerade gegründeten Pester Walzmühlen GmbH arbeitete er zuerst als Gieß­meister und wurde dann der Leiter der ganzen Gießerei. 1845 kaufte er ein Haus in der Bem utca und richtete auf dessen Grundstück eine Einsengießerei ein. Als zwischen 1846 und 1848 für die ungarische Zentralei­senbahn (Vác-Szolnok) aus Nürnberg Eisenbahnwag­gons kamen, untersuchte Ganz die in Amerika gegosse­nen Räder der Waggons und begann selber auch zu experimentieren. Als Resultat seiner Experimente konn­te 1853 mit der Erzeugung der hartgegossenen Eisen­bahnräder begonnen werden. (Hartguß ist ein solcher Eisenguß, dessen Oberfläche oder einzelne Teile härter sind als der Rest. Untersu­chen wir die Bruchfläche des Hartgusses, so sehen wir an den härteren Teilen kristallene weiße Fasern, welche sich aus den grauen, weicheren Teilen strahlenförmig nach außen verzweigen, in den weißen Teilen ist der Kohlenstoffgehalt des Eisens chemisch, in den grauen Teilen mechanisch - als Grafit - gebunden. Die Festig­keitsindexe des Hartqusses sind außerordentlich vorteil­haft.) Die Ganz-Räder waren, da sie hier hergestellt wurden, billiger als die amerikanischen. Bald bekamen sie gro­ße Bestellungen, nicht nur von der Ungarischen und der Österreichischen Staatsbahn, sondern auch von Eisenbahngesellschaften anderer europäischer Länder. Um all diesen Bestellungen nachkommen zu können, wurde 1858 die neue, große Gießerei gebaut, in wel­cher bis zum Jahre 1895 (bis zur stufenweisen Ausbrei­tung des Stahlgusses) neunzigtausend Stück Schienen­kreuzungen bzw. Weichen und siebenhunderttausend Eisenbahnräder erzeugt wurden. 1859 wird der Maschi­nenbauingenieur András Mechwart Ábrahám Ganz’s Arbeitsgenosse: die bedeutendste ihrer gemeinsamen Erfindungen, den hartgegossenen Ganz-Mechwart Walzenstuhl, setzte man 1874 in Betrieb. Die moderne, produktive Mahlmaschine bedeutete den Beginn der Blütezeit der modernen Mühlenindustrie. 9

Next

/
Thumbnails
Contents