Ferkai András: Moderne Gebäude - Unser Budapest (Budapest, 2009)
sich an der rechten Seitenfassade, am zurückgezogenen Teil der Október 6 utca. Durch die Glaswand mit Bronzerahmen kam man durch eine Drehtüre in die einst marmorverkleidete Vorhalle, dann in den maschinell belüfteten Kassensaal. Auch die Büros wurden künstlich belüftet, die Heizung oder Kühlung wurde durch heisses oder kaltes Wasser gesichert, welches durch in der Decke einbetonierte Rohrschlangen kreiste (sog. Crittal-System). Dieses war das erste klimatisierte Gebäude der Stadt. Die viel umstrittene Fassade des vom Standpunkt der Konstruktion und Mechanik fortschrittlichen Gebäudes war — komischerweise - weniger reformerisch. Natürlich war es ein hervorragend modernes Gebäude, mit großzügigen und eleganten Fassaden, in seiner Konstruktion und seinem Proportionssystem verbargen sich jedoch klassische Lehren. Die Säulenreihe im Erdgeschoss erfüllt die Rolle eines Sockels. Im siebten Stock ersetzt das zurückgezogene und mit einem Plattengesims aus Eisenbeton abgeschlossene Geschoss - mit seinen tiefen Schattenstreifen - das traditionelle Gesims. So entsteht die Dreiergliederung der klassischen Palastfassade, wobei der Mittelteil von der einfachen Kalksteinoberfläche der Stockwerke gebildet wird, mit einem flachen Quadratnetz gleichförmiger Eisenfenster. Auch hier fügten die Architekten noch einige feine Unregelmäßigkeiten ein. An der Hauptfassade zum Platz hin verschiebt sich der Fenster-Raster nach links, d. h. am rechten Rand ist die kompakte Oberfläche breiter. Die Verschiebung wird durch den Balkon am Präsidentialgeschoss und das Relief an der Mauer des Erdgeschosses (die monumentale Arbeit Weinleier von Ferenc Medgyessy) ausgeglichen. Diese Elemente markieren sozusagen die Mittelachse des Szabadság tér an der Fassade des Gebäudes. Noch eine Kleinigkeit: Die innere Höhe des Präsidenti- algeschosses ist um 30 cm höher als diejenige der übrigen Stockwerke, deshalb sind hier auch die Fenster höher, wobei sie das Hauptgeschoss, die „Piano Nobile" sanft betonen. Die aufgezählten Kunstgriffe zeigen, dass die Architekten nicht nur in den modernen Planungsmethoden bewandert waren, ihr Proportionsgefühl war durch gründliche Kenntnis der Architekturgeschichte geschliffen worden. László Lauber (1902-53) und István Nyíri (1902-55) - beide hatten ihre Laufbahn im Büro von Professor Gyula Wälder begonnen - arbeiteten zwischen 1933 und 1945 zusammen, entwarfen vor allem ausgezeichnete Mietshäuser (XII. Kékgolyó utca 10, 1933—34: V. Irányi utca 8, 1936; V. Szép utca 3, 1937) und kleinere Familienhäuser, sie hatten jedoch auch einige größere Aufträge wie das Bürohaus der Telefonfabrik (XIV. Hungária körút 128, 1942) und das Erholungshotel Kikelet in Pécs. Nach vielerlei amtlichen Funktionen erhielt die Zentrale der Geldinstitute wieder eine finanzielle Funktion. Bei der Renovierung wurde das unter Denkmalschutz 64