Ferkai András: Moderne Gebäude - Unser Budapest (Budapest, 2009)
Die Herausgeber dieser Serie haben mich damit beauftragt, einen Band über die moderne Architektur zwischen den zwei Weltkriegen zusammenzustelien. Als Anerkennung meiner bisherigen Arbeit... Nach der zweibändigen Topographie und den zahlreichen Studien - dachte ich - sei es ein Kinderspiel ein Büchlein über dieses Thema für die Öffentlichkeit zu schreiben. Sobald ich damit begann, stiegen zahlreiche Fragen und Zweifel in mir auf. Nach welchen Kriterien soll ich die etwa zwei Dutzend Werke auswählen, die dem Umfang des Bändchens entsprechen? Wie soll ich darüber schreiben: objektiv oder subjektiv, mit Daten oder bildlich? Soll es eine Beschreibung sein, oder eine Bewertung, eine historische Studie oder eher ein Essay? Kann ich überhaupt interessant über Gebäude schreiben? (Da kommt mir eine Kritik über mein kleines Büchlein von den Geschäftsfassaden in den Sinn, mit dem Titel Der Herr Ingenieur geht ipazieren, deren Essenz ich etwa so zusammenfassen könnte-. Der Verfasser berichtet all das über die Geschäftsfassaden, was es nicht wert ist, darüber zu wissen.) Ich habe mich entschlossen, nicht darauf zu achten, ob ein Fachmann oder Laie, ein In- oder Ausländer mein Buch lesen wird. Ich werde jene Häuser auswählen, die ich gerne hab. Weil ich entweder mit ihnen aufgewachsen bin, drinnen war oder ihre Architekten persönlich kenne, oder sie für besondere Gebäude halte, die Aufmerksamkeit verdienen. Ich werde versuchen, so über sie zu schreiben, dass der Leser Lust bekommt, sie persönlich aufzusuchen. Oder falls ihm das nicht möglich ist, so doch wenigstens etwas über die Architektur und die Architekten jener Epoche zu erfahren, und vor allem über das auf den Plätzen und Straßen, in den Häusern pulsierende Leben. Ich kann nicht als Zeitzeuge sprechen, doch bin ich davon überzeugt, dass das Budapest der dreissiger Jahre eine ebensolche Glanzzeit erlebte, wie in der Gründerzeit oder zur Zeit der Sezession. Die Andenken jener Zeit sind uns vielleicht etwas weniger gegenwärtig: Wir müssen in die Vorstädte, Nebenstraßen oder die Budaer Hügel gehen, um sie anzutreffen und oft bedürfen wir eines guten Vorsteilungsvermögens - oder Archivbilder - um eines der umgebauten oder verfallenen Gebäude zu erkennen und uns seinen einstigen Glanz vorzustellen. ich habe mir auch vorgenommen zu zeigen, wie vielfältig die moderne Architektur Budapests ist, wie vielerart Auffassungen, Geschmäcker und Moden im Ertrag von nur 15 Jahren zu entdecken sind. Es handelt sich nämlich nur um eine solch kurze Zeitspanne. Zwar kann der Beginn der rationalen modernen Architektur auch bei uns ins erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts gelegt werden, die bedeutenden modernen Bestrebungen von vor dem Krieg wurden jedoch auch auf internationaler Ebene durch die Reaktion auf die Revolution von 1918—19 unterbrochen. Die stark 5