Ferkai András: Moderne Gebäude - Unser Budapest (Budapest, 2009)
der kürzlich vergangenen Romantik, teilweise die spezifischen Symptome der Gewohnheit. Das sehen wir im auf die Terrasse reichenden, mit stilisierter Hahnenverzierung geschmückten Cisenbogen unbekannter Aufgabe. Noch hervorstechender- wohl ein Fehler der Handwerker - die schablonenhaften Sockel und Gesimse der Terrassenpfeiler. Störend und schmerzhaft wirken diese Details und verderben unsere Freude. Manche bemängeln auch die Fensterläden, wir finden jedoch, dass es zweckdienliche, bewährte Konstruktionen sind und weshalb sollten sie da nicht verwendet werden? Weniger sind wir mit der sozusagen improvisierten Glasmarkise Imit Vordachl einverstanden - die romantische Schmiedearbeit auf der Terrasse ist hier ein ungeplanter Teil!” Ging es da wirklich um Romantik und Improvisation? Betrachten wir Lessners Denken, so wird sich heraussteilen, dass dem nicht so ist. Manó Lessner (1884—1944) war Zeitgenosse von Willem Marinus Dudok und Max Taut in Europa und von Károly Kós und Lajos Kozma in Ungarn, letzterer war auch sein Klassenkamerad in Győr. Sein Diplom erhielt er 1906 an der Technischen Hochschule in München. 1919 ernannte ihn die Räterepublik zum Mitglied des Museumsund Kunstdirektoriums, wo er die Architekten u. a. durch Ankündigung des Einführens von Zensur im Interesse der Qualität und des Zwangsabbruchs von fürs Stadtbild störenden Gebäuden in Schrecken versetzte. Nach dem Fall der Räterepublik wurde er aus dem Verband der Ingenieure und Architekten ausgeschlossen und nicht in die Ingenieurskammer aufgenommen, d. h. unter seinem eigenen Namen konnte er nicht entwerfen. Zu Beginn der zwanziger Jahre arbeitete er im Büro von Dezső Meller, später tat er sich mit Kaiman Szelle zusammen, den er stark beeinflusste. (Das Studiohaus von István Szőnyi in Zebegény entwarf er i960 ganz mit Formen Lessners, sozusagen im Andenken an seinen Freund.) Sehr wenige seiner Arbeiten wurden verwirklicht lein Kelterhaus neben Zalaegerszeg, ein anderes in Badacsony, ein Kindererholungsheim in Keszthely (beide am Plattensee) und eine Villa am Rosenhügel in der Eszter utcai, die meisten seiner Entwürfe sind jedoch recht interessant. Durch ihre ungewohnten Massenformen, den zufällig wirkenden, oft spielerischen Details stechen sie sowohl von den modernen als auch den traditionalistischen zeitgenössischen Gebäuden ab. Dank verwandtschaftlicher Beziehungen in Wien hatte Lessner die Ideen und Bauten von Adolf Loos, Josef Frank und Oskar Strnad kennengelernt. Sein Würfelhaus in der Somlói út erinnert an die Wohnäuser von Loos, eher noch von Frank, in denen die Erneuerung nicht unbedingt mit den Tabula-rasa-Prinzipien der modernen Bewegung gepaart war. Wie Loos und Frank bekannte sich auch Lessner 10