Matits Ferenc: Protestantische Kirchen - Unser Budapest (Budapest, 2003)
drücken abweichen, ebenso von den Zeremonien, welche mit den kirchlichen Feiertagen und der Liturgie Zusammenhängen. Den markantesten Unterschied des äußeren Bildes der Kirchen der beiden wichtigsten, in Ungarn verbreiteten protestantischen Konfessionen bildet die Tatsache, daß auf der Spitze des Turmes der evangelischen Kirchen meist ein Kreuz steht, auf den reformierten eher ein Stern, eine Kugel oder ein Hahn. Ein Unterschied zeigt sich auch in der Inneneinrichtung. Die evangelische Liturgie hat von der römisch-katholischen mehr bewahrt, als die reformierte, so findet man in den Kirchen mehr prachtvolle Altäre, oft mit Altarbildern, während in den reformierten Kirchen konsequent die Kanzel und der Tisch des Herrn im Mittelpunkt der Liturgie und des Innenraums stehen. Der Tisch des Herrn fällt nicht bloß durch seine Stellung, sondern auch durch seine Verzierung auf. Er wird, entsprechend dem Material, aus dem er besteht, geschnitzt oder bemalt und mit schönen bestickten, bzw. Spitzentüchern bedeckt. Luther war für eine Einschränkung des Gebrauchs von gemalten oder geschnitzten Bildern in der Kirche, trat jedoch entschlossen gegen die Bilderstürmer auf. Er lehnte die Vermittlerfunktion, die Anbetung der Heiligen ab. Die reformatorischen Gemeinden entfernten meist aus den Inneren der einstigen römisch-katholischen Kirchen, welche sie nun benutzten, die Altäre und Kunstwerke, welche zu Ehren der Heiligen früher errichtet worden waren. Desweiteren verbannten sie all jene Utensilien, wie Reliquiare, Weihrauchkessel, Messegewänder und die hierarchischen Insignien der Priesterschaft, welche im Gegensatz zu ihren Glaubensprinzipien standen. Man behielt jedoch den Ort der Verabfolgung des Abendmahls und der Taufe - den Altar und das Taufbecken —, sowie die Kanzel, den Ort der Predigt. Ein charakteristisches Zubehör der evangelischen Altäre und Altarräume ist die an das stufenweise zum Altar hinführende Podium angebaute Bettreppe und das mit ihr organisch zusammengebaute Gitter. Die Evangelischen empfangen nämlich traditionell Brot und Wein — den Leib und das Blut Christi — nicht stehend, sondern knieend. Die Gottesdienstordnung des Johannes Kálvin — und vor allem diejenige des radikalen Ulrich Zwingli - entfernte sich weit mehr von der römisch-katolischen Messe als diejenige der Lutheraner. Die Reformierten nehmen das Abendmahl jährlich etwa sechs mal, bei Gelegenheit der großen Feste zu sich, dessen Austeilen erfolgt nach dem Gottesdienst am Tisch des Herrn. In XVI. Bezirk, dem 1950 der Hauptstadt angeschlossenen Ort Cinkota steht die älteste evangelische Kirche Budapests. Die in den Urkunden schon im 13. Jahrhundert erwähnte Ortschaft starb während der Türkenherrschaft aus und wurde erst im 18. Jahrhundert wieder besiedelt. 1709 wurden beim Bau der 7