Matits Ferenc: Protestantische Kirchen - Unser Budapest (Budapest, 2003)

i8i3 gab es in Pest und Buda 1100 Einwohner evangelischen Glaubens, 1847 dann 3945; reformierten Glaubens waren in denselben Jahren 486, bzw. 1867; zum katholischen Glauben bekannten sich hingegen 61 391 bzw. 109 122 Einwohner. 1910 wiesen die Konfessionen der Bewohner Budapests folgenden Prozentsatz auf: römisch-katholisch 59,8%, evangelisch 5,0% re­formiert 9,9%. Eines der wichtigsten Elemente der Reform Martin Luthers war, daß er die Heilige Schrift, die Verkündigung des Wortes Gottes in den Mittelpunkt des Gottesdienstes stellte. 1523 schrieb er für die Leisinger Gemeinde die Gottes­dienstordnung Formula missae et communionis. welche mehrere Elemente der römisch-katholischen Messeordnung noch beibehielt. Den Anleitungen zur Gottesdienstordnung im 1526 von Martin Luther herausgegebenen Werk Deutsche Messe und Ordnung des Gottesdienstes nach, ist die Sprache des Gottesdienstes nicht die lateinische sondern die deutsche; statt dem grego­rianischen Gesang wurden deutsche Melodien eingeführt, damit der deutsche Text besser gesungen werden konnte. Zum Zentralteil des Gottesdienstes wurde der die Gläubigen vorbereitende erste Altardienst, dann der aus Pre­digt und Gebeten bestehende Kanzeldienst, und schließlich der vom Aus­teilen des Abendmahls gekrönte, abschließende Altardienst. Seiner Auffassung nach war die Kirche kein sakraler, sondern ein liturgischer Raum, der durch den Gottesdienst — der Verkündigung des Evangeliums und dem Sakrament — geheiligt wird. Daher der für viele unverständliche Brauch, daß die evangelischen Kirchen nur während des Gottesdienstes geöffnet sind. Die äußere und innere Erscheinung der protestantischen Kirchen kann — von einigen neuen Versuchen abgesehen — essentiell, ähnlich allen anderen christlichen Kirchen, von zwei traditionellen architektonischen Grundideen abgeleitet werden-, dem zentralen (östlichen) und basilikalen (westlichen) Typ. Architektonisch gesehen stammen die Traditionen der protestantischen Kirche also nicht aus der Zeit Martin Luthers, sondern gehen bezüglich der Konti­nuität und des Identitätsbewußtseins bis in die Zeit der Entstehung des Christentums zurück. Johannes Kálvin hat sich in seinem Werk Institutio religionis christianae mit der äußeren Erscheinung der Kirchen beschäftigt. Er trat streng gegen die vor der Reformation verbreitete Kirchenkunst, vor allem die bildliche Dar­stellung auf. Die puritáné Einfachheit, welche die dekorativen Äußerlichkeiten vermeidet, die einfachen, weißen Wände, die großen Fenster, die Einrich­tung, welche die Predigt in den Mittelpunkt des Gottesdienstes stellt, alldies sind solche Charakteristiken, welche in erheblichem Maße von der Absicht der katholischen Kirche, den Ruhm Gottes durch Mittel der Kunst auszu­6

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