Szegő Dóra - Szegő György: Synagogen - Unser Budapest (Budapest, 2004)

liturgische Kunst dieser Gebäude muß also größtenteils als von unbekannten Meistern stammendes Kunstgewerbe betrachtet werden. Nicht die Meister und ihre Werke wurden zur Geschichte, sondern eher das Schicksal der jeweiligen Gemeinde. Da diese Gemeinden zerstört wurden oder sich verstreuten, wäre eine Beschreibung der Synagogen bloß vom architektekturgeschichtlichen Standpunkt aus, ohne Erinnerung an die Gläubigen eine Verfälschung, eine Pietätslosigkeit. Der andere Tempelraum ist kein irdischer, er ist ein Urtypus der sakralen Räume. Wenn wir vom Jerusalemer Tempel sprechen, muß auch die untrennbar damit verbundene jüdische Philosophie erwähnt werden. Nicht bloß, weil sie „anders", sondern weil sie weniger bekannt ist. Deshalb möchten wir hier den wesentlichen Gedankengang des Religionsphilosophen György Gábor zitieren: „Im ii. Jahre der Herrschaft König Salomos weihte Israel einen Tempel ein. Nach­dem die Priester und Leviten die Bundeslade mit den beiden Gesetzestafeln im Allerheiligsten untergebracht hatten, 'erfüllte eine Wolke das Haus des Ewigen’. Den Plan zum Bau des Tempels hatte zuerst sein Vater David, jedoch der Ewige hatte den 'Mann des Friedens’ (1 Chron 22,9) für die Aufgabe bestimmt. Darauf­hin trat der König im Beisein der ganzen Gemeinde Israel zum Altar um das Gebet zur Tempelweihe zu sprechen. Das Gebet endete mit einer Fürbitte für das ewige Israel und der Segnung seines Volkes. [...] Der Tempel ist der Ort, wo der Ewige - in Salomos Glauben - das Flehen seines Volkes erhört. Der König weiß, daß den Ewigen nicht einmal der Himmel der Himmel erfassen kann, geschweige denn der Tempel, doch der Namen des Ewigen 'wird dort sein’ und das gibt Hoffnung, daß, wenn Israel sich an diesem Ort an den im Himmel tronenden Herrgott wen­det, dieser sein Gebet hört und erhört. Er wird durch den Namen des Unaussprechlichen gegenwärtig, er befindet sich in jenem Zeichen, in welchem religiöse Bedeutung wohnt. Der Tempel ist nicht durch den Menschen heilig geworden, sondern als Imago mundi, als Spiegelbild der Welt: nach genauer Beschreibung, einem detaillierten Plan auf Grund der 'vom Ewigen stammenden’ Niederschrift (1 Chron 28,19) rekonstruiert, denn 'Du hast befohlen, daß sie einen Tempel auf Deinem heiligen Berg errichten einen Altar in der Stadt, die ich zum Wohnsitz wählte, als Abbild Deiner Heili­gen Stiftshütte, welche Du zu Beginn anfertigtest’ [...] (Weisen 9,8). Es ist kein Zufall,daß die tragbare Heilige Stiftshütte (Mischkan) der Nomadenzeit gerade zur Zeit der Könige vom prunkvollen Gebäude des Tempels abgelöst wurde. Zur Zeit der blühenden Herrschaft König Salomos entstand — mit tiefer ausdrucks­voller Symbolik - ein Gebäude, welches den königlichen Palast sozusagen mit dem Heiligtum verband, sowohl als architektonische Lösung (1 Kön 9,1.10), als auch im geistig-spirituellen Sinn." 6

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