Boros Géza: Statuenpark - Unser Budapest (Budapest, 2002)

von monumentaler Ruhe. Scharfe, klare, einfache Formen, ohne Nebendetails, in geometrischer Ordnung: uralte Charakteristiken der Monumentalplastik’'. Der Bildhauer hatte sich das Werk ursprünglich aus Chromstahl vorgestellt: im Sieger-Entwurf der Ausschreibung war noch von einer auf drei Füßen stehen­den Metallplastik mit glatt-rauher Oberfläche die Rede; auf Wunsch des Auf­traggebers mußte der Plan jedoch geändert werden. Der Bewertung des Kunst­historikers Tibor Wehner nach schien eine geschweißte — d. h. weder gemeißelte noch aus Metall gegossene — Skulptur auf einem öffentlichen Platz auf einem solch bedeutenden Ort und von so wichtigem Thema, zu Beginn der siebziger Jahre noch zu radikal. „Das Werk von Segesdi ist das typische Ergebnis eines Kompromisses. Das von der akademischen Tradition stark abweichende, kubisti- sche Formensystem, welches nur signalhaft auf die Gesichtszüge, die Körperge­stalten, die Kleidung sowie andere entzifferbare Eigenschaften der Modelle hin­deutet, durfte bleiben, doch diese .Abstraktion’ mußte aus .edlem’ Material, welches eher mit der Tradition verwachsen war - aus grauem Mauthausener Granit — verwirklicht werden. Diese Änderung machte den ursprünglichen bild­hauerischen Gedanken jedoch vollkommen ungültig, nach welchem die stoffliche Kompaktheit der Körper durch die geschweißten Metallplatten, die sie bildeten, in eine luftige Raumkonstruktion auf Füßen umgeformt worden wäre. Das Er­gebnis kann heute als ein bildhauerisch zwangsweise verpfuschtes Werk betrachtet werden." 1991 entschloß sich die Generalversammlung der Hauptstadt, infolge einer Debatte über die Entfernung der Statue, diese umzuplazieren, wenn ein anderer Bezirk der Hauptstadt sie bei sich aufnehme. „Eine ziemlich pharisäer­hafte Entscheidung, die nicht auszusprechen wagte, daß dieses Denkmal künst­lerische Qualitäten besitzen könnte und welche die Verantwortung der Besei­tigung auf die Bezirksselbstverwaltungen abschob. So war das Ergebnis sozusa­gen voraussehbar: kein einziger Bezirk meldete sich, um die Statue aufzuneh­men, und so gelangten Marx und Engels auch in den Statuenpark. Das Schicksal der Statuen wurde essentiell ebenso beendet, wie es einst begonnen hatte-, bei ihrer Aufstellung und Beseitigung wurden stets nur politische Gesichtspunkte in Betracht gezogen und in beiden Fällen entschieden Politiker" (János Pótó, Histo­riker). Auf dem einstigen Platz des Standbildes steht heute ein Springbrunnen. 2.. Die Lenin-Statue (Pál Patzay, 1965) Die Erzgestalt des Führers der siegreichen proletarischen Revolution und der Sowjetunion, der die Lehren von Marx weiterentwickelt hatte, stand am Rand des Stadtwäldchens am sogenannten Felvonulási tér (Aufmarschplatz), entlang der Route, wo „an Staatsfeiertagen Hunderttausende sich zu den Ideen Lenins 13

Next

/
Thumbnails
Contents