Tóth Vilmos: Grabmalkunst - Unser Budapest (Budapest, 2006)

götzenhafe menschliche Figur und Runenschrift (F 25). 1989 entstand das er­greifend schöne, dramatische Christus-Gesicht, welches sich auf dem Grab von Zoltán Káldy befindet (F 28), 1992 das Balladen zitierende Grabmal von Jenő Szervátiusz (F 24/3). Die neuste Arbeit von Tibor Szervátiusz ist der 2004 entstandene Grabstein für Mihály Czine, auf welchem der Wunderhirsch die Sonne auf seinem Geweih tragend erscheint (F 6/2). Seine einzige Arbeit am Kerepeser Friedhof befindet sich am Grab von Gyula Gombos (K 42/1). In den letzten Jahrzehnten erfüllte Imre Varga zahlreiche funerale Auf­träge auf eine individuelle Art. Seine einfallsreichen Chrom-Stahl-Komposi- tionen sind zweifelsohne etwas Eigenartiges und deuten über die gewohnten Schemen der Friedhofskunst hinaus. Diese Tugend ist jedoch auch gleichzeitig ihr großer Fehler — sie stechen aus der Friedhofsumgebung hervor, erklären die Traditionen für nichtig und machen jener Auffassung den Weg frei, derzufolge alles ein Grabmal sein kann. Dieses gilt vor allem für seine Werke am Kerepeser Friedhof, wo seine im historischen Raum zwischen traditio­nellen funeralen Werken plazierten formenabbauenden Arbeiten eine aus­gesprochen dissonante Wirkung haben, wie z. B. das 1995 entstandene Grab­mal des Mihály Mosonyi (K 29/2). Seine bekanntesten Werke befinden sich am Farkasréter Friedhof, darun­ter das 1982 entstandene Grabmal der Flanna Honthy, wo an der Stelle des Grabholzes ein Theater-Schminktischchen aus Chromstahl steht, mit allem, zum Schminken nötigen Zubehör, einer Vase mit Rosenstraus, im Spiegel über dem Tischchen hingegen das angedeutete Portrait der Primadonna. Die Über­treibungen des Werkes sind operettenhaft, aber nicht kitschig, sondern aus­gesprochen künstlerisch (F 25). Dies gilt weniger für das 1980 entstandene Grabmal Lajos Bástis, auf welchem sich ein Thron befindet, darauf die Requisi­ten für die tragische Rolle des König Lear-, eine Krone und ein Mantel (F 22/1). Beide Kunstwerke verarbeiten eine verbreitete Attitüde, die feine Symboli- sierung der Vergänglichkeit: am Grabe erscheinen nicht die Verstorbenen, sondern die mit ihnen verbundenen, verwaisten Dinge. Eine ebenfalls neue, ausgesprochen popartige Verarbeitung eines traditionellen Motivs — hier des Tors — sehen wir am Grabe von Tibor Déry: ein Weg mit echten Pflaster­steinen führt dorthin, setzt sich auf dem Chromstahl-Relief fort und führt schließlich zur Tordarstellung (F 22). Die weiteren Varga-Grabdenkmäler sind weniger phantasievoll, doch ähn­lich formabbauend, wie z. B. das Grab György Kálmáns (F 22/1), Zoltán Vár- konyis (F 25), des József Darvas (K 34/2) oder des Vladimir Gribov (K 42/3), außerdem das Gőzön- und die beiden Kellér-Grabmaler am jüdischen Fried­63

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