Radek Tünde - Szilágyi-Kósa Anikó (szerk.): Wandel durch Migration - A Veszprém Megyei Levéltár kiadványai 39. (Veszprém, 2016)

1. Landschafts- und Gemeinschaftswandel als Folge von Migration - Prosser-Schell, Michael: Aufzeichnungen sagenhafter Erzählstücke durch Jenő Bonomi und Anna Loschdorfer im IVDE Freiburg. Minderheitenvolkskunde der Deutschen in Ungarn in der Zwischenkriegszeit

88 Pros ser-ScheU, Michael: Aufzeichnungen sagenhafter Erzählstücke sehen Entwicklungsganges, der geistigen, sittlichen, künstlerischen, wissen­schaftlichen und sozialen Kultur, der Sprache und des Schrifttums, der Sitten und Bräuche, des Glaubens und Aberglaubens, des Lieder- und Sagen- und Mär-chenschatzes, der Trachten und des Hausbaus, der Einrichtung in Haus und Hof, der Arbeit auf dem Felde und in der Werkstätte, des Lebens in der Natur, der Feste und des Alltags“, und zwar unter Verbindung mit Fragen des „geistes- und kulturgeschichtliche(n) Zusammenhang^) zwischen Ungartum und Deutschtum“.2 In Ungam kam, wenn wir Konzeption und Programm zur Grundlage nehmen, die Bleyer für die Pflege der Minderheitenkultur und -iden- tität intendiert und formuliert hat, eine besondere Vorentscheidung hinzu: Die Kultur in den ländlich-bäuerlich geprägten Gemeinden spielte eine vornehmli- che, eine Haupt-Rolle (Fata 1999: 18f; Seewann 2012: II. Bd. 237). Es ging darum, einen deutschsprachigen Grundschulunterricht für die jeweils ethnisch weitgehend geschlossenen Dorfsiedlungen oder Kleinregionen zu gewährleisten sowie die besonderen Formen kultureller Identität zu beachten und repräsenta­tiv anzuerkennen.3 Ein m.E. eminent kennzeichnender Punkt in der von Bleyer und dem „Magyarországi Német Népművelődési Egyesület“ (MNNE [Ungarns deut­scher Volksbildungsverein]) vorgestellten Perspektive formuliert als ein Ziel des MNNE, „unser Volk so zu kräftigen und wiederaufzurichten, dass es dem Vaterlande wirklich das leiste, was eines Deutschungam würdig“ sei (so verkün­det auf der Generalversammlung des MNNE am 20. August 1926, siehe Fata 1991: 179). Wichtig zu erwähnen erscheint zudem die in den Publikationsschrif­ten der Ungarndeutschen - nicht nur in den DUH, darüber hinaus im „Sonntags- blatt‘ und im „Heimatbuch“ sowie in mehreren ungarischsprachig erschienenen, akademischen Ortsmonographien, etwa von Rogerius Schilling (1933) und auch von Edit Fél (1935)4 — durchgängig thematisierte Botschaft, dass die Familien 2 Siehe Bleyer (1929: 2f). Die letzte Anregung wird noch weiter ausgeführt und meint „alle Berührungen auf dem Gebiete der Geschichte, der Wissenschaft und Bildung, der Kunst und Literatur, der Religion und des Rechtslebens, der GeseEschaft und Schule, des Handels und der Wirtschaft, des Handwerks und Ackerbaus, der Lebensführung in Stadt und Land, bis hinab zur Mode und aUedei gesunkenem Kulturgut“ (Bleyer 1929: 3f.). 3 Das ist ja entscheidend, denn sie führt letztlich dazu, dass es nicht systematisch deutschsprachige Gymnasien gibt und die Hochschulreife selbstverständlich nur inner­halb der nationalen Mehrheitssprache und Mehrheitskultur erlangt werden kann. 4 Diese Dissertationsschrift, 1934 voUendet, wurde 1935 in der Reihe „Néprajzi Füze­tek“ [Volkskundliche Hefte] aufgenommen, herausgegeben von dem ersten Volks­kundeprofessor der Budapestet Universität, István Györffy. Fél untersucht Harta als „Sprachinsel“ („nyelvsziget“). Edit Fél hatte 1930 bis 1934 an der Universität Szeged (bei Heinrich Schmidt) Volkskunde studiert, auch in Wien bei Arthur Haberlandt und

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