Radek Tünde - Szilágyi-Kósa Anikó (szerk.): Wandel durch Migration - A Veszprém Megyei Levéltár kiadványai 39. (Veszprém, 2016)
1. Landschafts- und Gemeinschaftswandel als Folge von Migration - Krauss, Karl Peter: Migration und Modernisierung. Sozioökonomische Prozesse und Kulturlandschaftswandel in Transdanubien im 18. Jahrhundert
24 Krauss, Karl-Peter: Migration und Modernisierung aus. Der Ort Iwanbottian/Ivánbattyán hingegen zeigt sich als ein unregelmäßiges Haufendorf. Beide Siedlungen waren damals bereits vermessen. Wie erklärt sich diese formale Diskrepanz? Ein Bericht des Ingenieurs Siebenkersch vom Mai 1771 gibt hier erste Hinweise. Er berichtete über den Ort Wiragisch/Virá- gos: „Weil nun in demselben deutsche Leithe wohnen, so haben Sie Ihre Hofstellen und Grundstücker alle unter sich selbst gleich getheilet [...], dahero ich dieselben nur gehörig nach gemeßen und calcuüret habe.“26 Warum aber blieb Ivánbattyán ein Ort mit einer unregelmäßigen Struktur, obwohl das Dorf im 19.Jh. ebenfalls von Deutschen besiedelt war. Wie lassen sich so die räumlichen Disparitäten erklären? Die Konskriptionslisten mit den Namen der Bauern (coloni) und Kleinhäusler (inquilini) liefern dafür die Erklärung. In Wiragisch/Virágos gab es einen wenige Monate dauernden Bruch der Siedlungskontinuität: Der Ort war bis Herbst 1745 von Raitzen, ab Frühjahr 1746 von Deutschen besiedelt. Dieser kurze Bruch wurde offensichtlich zu einer Neuorganisation (Umsetzung) des Dorfes genutzt. Dies markiert zugleich den Übergang von einer extensiven Bewirtschaftung zur Dreifelderwirtschaft. Die wesentlichen formalen Grundmuster waren damit festgelegt. In Iwanbottian/Ivánbattyán dagegen erfolgte eine andere Entwicklung. Hier gab es keinen Bruch der Siedlungskontinuität, die serbischen Untertanen wurden von den Grundherren nicht gegen ihren Willen ausgesiedelt. Allerdings wurden die serbischen Bewohner durch wirtschaftliche Verdrängungsprozesse von Deutschen seit dem ausgehenden 18.Jh. verdrängt. Es gab in Iwanbottian/Ivánbattyán keine Stunde null, die dafür genutzt wurde, um die gesamte Dorfanlage zu regulieren. Der Ansiedlung von Deutschen liegt hier folgendes Modell zugrunde: Zunächst erfolgte die Ansiedlung in Prädien. Danach versuchte die Herrschaft, Deutsche in bestehenden ungarischen, serbischen oder kroatischen Ortschaften anzusiedeln. Dies misslang fast durchweg aufgrund der differierenden Bewirtschaftungssysteme der verschiedenen ethnischen Gruppen. Schließlich griff die Flerrschaft zu der radikalen Methode, indem sie serbische Untertanen in andere Dörfer umsiedelte und an deren Stelle Deutsche ansiedelte. In einer vierten Phase kam es zu wirtschaftlich motivierten Verdrängungsprozessen. Diese Prozesse spiegeln sich teilweise im Formenschatz der Siedlungen. Ein zentrales Argument für die Vermessung war die damit verbundene Einführung eines einheitlichen Steuersystems. Zuvor hing die Besteuerung von der ethnischen Zugehörigkeit, dem sozialem Stand und Unterschieden zwischen 26 BML, BMCsL, cs. 198.