Radek Tünde - Szilágyi-Kósa Anikó (szerk.): Wandel durch Migration - A Veszprém Megyei Levéltár kiadványai 39. (Veszprém, 2016)
4. Folgen von Migrationsprozessen auf die Literatur - Kerekes Gábor: Die moderne ungarndeutsche Literatur – gefangen zwischen Authentizität und Fiktionalität sowie ohne Aussicht auf internationalen Erfolg?
Kerekes, Gábor: Die moderne ungarndeutsche Literatur 229 Dieser Teil des Verfahrens konnte sich über einen längeren Zeitraum hinziehen. 4. Hatte man die Erlaubnis, so konnte das Buch entsprechend der Terminierung im von der Verlagshauptdirektion akzeptierten Veröffentlichungsplan in die Druckerei geschickt werden, allerdings erst nachdem das Manuskript erneut, diesmal zusammen mit einem Redakteursgutachten die Erlaubnis zur Veröffentlichung erhalten hatte. Ohne das mit dem Stempel „genehmigt“ versehene, so genannte „Genehmigungsblatt“ durften die ungarischen Druckereien keine Manuskripte annehmen. 5. War das Buch gesetzt, konnte das zuständige Ministerium die Druckfahnen kontrollieren, und gegebenenfalls die Veröffentlichung stoppen. 6. Durfte das Buch gedruckt werden, musste das erste angefertigte Exemplar dem Ministerium zugesandt werden, damit dieses die Erlaubnis erteilt, das Buch in den Handel zu bringen. Die Verweigerung der Erteilung dieser Erlaubnis kam durchaus vor (Domokos 1996: 8f.). Diese Schritte bildeten ein engmaschiges Netz der Kontrolle, das sich ab der zweiten Hälfte der 1960er Jahre im Laufe der Zeit angesichts der staatlichen Forderung nach einem rentablen Buchwesen sich langsam zu lockern begann, um dann Ende der achtziger Jahre vollends die Bedeutung zu verlieren. Allerdings existierte die Verlagshauptdirektion bis zur politischen Wende 1989 und hatte allein durch ihre Existenz immer auch eine einschüchternde Wirkung. Weiterhin darf man nicht vergessen, dass die ideologische Entspannung sich nicht gleichmäßig vollzog, das heißt, es gab immer wieder Phasen, in denen im Bereich des literarischen Lebens restriktiver gegen vermeintlich schädliche, weil kritische Texte, vorgegangen wurde als in den Zeitabschnitten zuvor. Für die Zeitgenossen war es nur sehr schwer abschätzbar, was sich noch im Rahmen des Tolerierten bewegte und was schon als unerwünscht hätte erachtet werden können. Eingriffe, die als Zensur erkennbar sind, gab es vor allen Dingen im Falle ungarischer Werke ganz bis 1989, also bis zum Ende der Volksrepublik Ungarn. Selbst noch 1983 wurde die gesamte Redaktion der Zeitschrift Mo^gó Világ abgelöst und 1986 erging es ähnlich der der Bewegung der volkstümlichen Autoren zugeordneten Zeitschrift Tispatdj (Rainer 2010: 81). Nachträglich wurde deutlich, wie effektiv dieses System die ungarischen Literaten vor der politischen Wende demoralisiert hatte. Die Zahl der vor der Wende nur gekürzt veröffentlichten Werke der ungarischen Gegenwartsliteratur hielt sich deutlich in Grenzen und es ist seitdem auch kein einziges kritisches Werk in das Allgemeinbewusstsein getreten, das zuvor in Manuskriptform bereits existiert hätte, von der