Radek Tünde - Szilágyi-Kósa Anikó (szerk.): Wandel durch Migration - A Veszprém Megyei Levéltár kiadványai 39. (Veszprém, 2016)

4. Folgen von Migrationsprozessen auf die Literatur - Kerekes Gábor: Die moderne ungarndeutsche Literatur – gefangen zwischen Authentizität und Fiktionalität sowie ohne Aussicht auf internationalen Erfolg?

228 Kerekes, Gábor: Die moderne ungarndeutsche Literatur und ihre Abneigung gegenüber den nunmehr zumindest tolerierten Formen von Kunst immer wieder nachdrücklich artikulierten. Selbst nachdem die kulturpoli­tischen Grundprinzipien öffentlich geworden waren, wurde in ihnen noch im­mer das Primat des „sozialistischen Realismus“ postuliert. Auch auf der Sitzung, auf der sich der Schriftstellerverband 1959 wieder neu gründete, hieß es u.a., dass immer noch die Ziele des Schriftstellerkongresses von 1951 Gültigkeit besäßen. „Unter unseren Verhältnissen kann der Wettbewerb der verschiedenen literarischen Richtungen nur ein Mittel dazu sein, das Voranschreiten des sozia­listischen Realismus auch unter den heute noch mit anderen Anschauungen schaffenden Künstlern zu unterstützen“ (Anonym 1959: 4). Für die Zeitgenos­sen war selbst die eventuelle praktische Bedeutung der in den Grundprinzipien angesprochenen Grundsätze angesichts der Willkür und Inkonsequenz im kulturpolitischen Tagesgeschäft - in dem bestimmte, nicht den Vorstellungen der Dogmatiker entsprechende Werke erscheinen konnten, während andere, unverdächtige nicht herauskamen - kaum richtig abschätzbar. Erst Jahrzehnte der Praxis sowie der Mut, die Beharrlichkeit und die Ausdauer von Schriftstel­lern, Übersetzern, Wissenschaftlern und Redakteuren konnten die Bresche lang­sam erweitern und nutzen, die sich Ende der 1950er Jahre ergeben hatte. Im konkreten Tagesgeschäff der Verlage spielte in dieser Zeit die bereits erwähnte Verlagshauptdirektion eine wesentliche Rolle bei der Kontrolle über die in Ungarn geplanten Buchveröffentlichungen. Sie besaß im Grunde die Funktion einer Zensurbehörde, mit der Aufgabe, zunächst unliebsame Werke auszusondem und deren Veröffentlichung zu verhindern. Damit sollten im Weiteren dann Autoren davon abgeschreckt werden, unerwünschte Werke über­haupt erst zu schreiben. Konkret durchlief ein Manuskript bis zur Veröffentlichung sechs Statio­nen: 1. Die positive Meinung einer angesehenen Person, eines Autors oder Re­dakteurs, war der erste Schritt, dem eine weitere positive Beurteilung - in schriftlicher Form - durch eine für die Staatsmacht politisch vollkommen unbedenkliche Person folgen musste. 2. Hiernach musste bei der Verlagshauptdirektion vom Verlag die Erlaubnis eingeholt werden, einen Vertrag mit dem Autor bzw. dem Übersetzer ab­schließen zu dürfen. 3. Auf Grund der Erlaubnis wurde das Manuskript oder Buch in den Veröf­fentlichungsplan des Verlages aufgenommen, der wiederum an die Ver­lagshauptdirektion gesandt werden musste, damit diese den Plan gutheißt

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