Radek Tünde - Szilágyi-Kósa Anikó (szerk.): Wandel durch Migration - A Veszprém Megyei Levéltár kiadványai 39. (Veszprém, 2016)

1. Landschafts- und Gemeinschaftswandel als Folge von Migration - Krauss, Karl Peter: Migration und Modernisierung. Sozioökonomische Prozesse und Kulturlandschaftswandel in Transdanubien im 18. Jahrhundert

Krauss, Karl-Peter Migration und Modernisierung 19 Schließlich erhielten sie das Erbgeld in Höhe von 178 fl. Vermutlich schon in der ersten Oktoberhälfte 1779, bevor die Papiere aus Ungarn eintrafen, reisten die Beiden mit ihrem Erbe ab. Tatsächlich war ihnen das Abzugsgeld, eine in der Regel zehnprozentige Steuer beim Wegzug, und der Loskauf aus der Leibeigenschaft erlassen worden. Nicht unerheblich für den Transfer von Humankapital ist, dass viele der Ansiedler vor der Auswanderung in einem zumeist ländlichen Handwerk gear­beitet haben. Hinzu kamen zahlreiche Handwerksburschen auf der Wander­schaft, die nach Abschluss ihrer Lehrjahre danach trachteten, sich in den Städten niederzulassen und sich eine der begehrten Meisterstelle zu ergattern. Gleichzei­tig boten die verschiedenen privaten und kameralen Grundherrschaften Hand­werkern verschiedene Möglichkeiten zur Niederlassung, begehrt waren insbe­sondere Zimmerleute, Maurer, Wagner, Küfner u.a. Die überlieferten Hand­werkerkontrakte der Herrschaft Deutschbohl/Böly, aber auch der Herrschaft Großwaschon/Nagyväzsony aus der zweiten Hälfte des 18. und zu Beginn des 19.Jh.s dokumentieren, dass die Handwerker fast ausschließlich deutsche Na­men trugen.20 Es ist kein Zufall, dass insbesondere in der zweiten Hälfte des 18.Jh.s viele herrschaftliche Gebäude aufgerichtet wurden: Verwaltungsgebäude, Getreidespeicher, Schäfereien, Stallungen u.a. Dies war Ausdruck und Folge der Agrarkonjunktur, einer ausgeprägten administrativen Verdichtung sowie der damit verbundenen enormen Gewinnsteigerungen aus dem Grundbesitz.21 20 Magyar Nemzeti Levéltár — Baranya Megyei Levéltár [Ungarisches Nationalarchiv — Archiv des Komitats Baranya], Pécs, Ungarn (BML), XIII.ll, A Batthyány-Monte- nuovo család bólyi levéltára [Das Bólyer Archiv der Familie Batthyány-Montenuovo] (BMCsL), cs. 35—39 sowie MOL, P 707, Zichy család levéltára, Nagyvázsonyi uradalom [Herrschaft Nagyvázsony], 68,1—17, Vázsonyi gazdasági ügyek: tizediratok, bérleti szer­ződések, 1723—1756 [Wirtschaftliche Angelegenheiten von Vázsony: Zehntelakten, Pachtverträge 1723—1756]. 21 Angesichts dieser wirtschaftlichen Entwicklung erstaunt es, dass im September 2014 anlässlich einer Sonderausstellung im Ungarischen Nationalmuseum folgender Tafeltext zu lesen war: „In Hungary the 18th century was a time of slow economic, social and cultural reconstruction and advance after the destruction wrought during the 150 years of Turkish sway. The life of the country now continued under the Habsburg rule, within the framework of an imperial entity which still counted as the leading power in East-Central Europe.” [„Nach der 150 Jahre langen osmanischen Unterdrückung und Zerstörung lief in Ungarn die wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Entwick­lung allmählich an. Das Land lebte damals innerhalb der Habsburg-Monarchie, die in Mittelosteuropa immer noch eine führende Rolle innehatte.“]

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