Internationales Kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 2007 in Kőszeg 3. bis 6. Juli 2007 (Szombathely, 2014)
Andrej Pančur: Eliten des Wirtschaftslebens im slowenischen Raum
Während der Beseitigung des Feudalismus haben sich alte und neue Adelige, alte und neue Gutsbesitzer schließlich schrittweise in eine politisch und wirtschaftlich einheitliche Schicht von Großgrundbesitzern gewandelt. Die Mehrheit von ihnen hatte jedoch kein wirkliches Interesse an weit reichenden wirtschaftlichen Aktivitäten im Rahmen moderner und eher risikoreicher Erwerbstätigkeiten. Ihr Vorbild war ein Leben als Rentier. Viele waren auch stark verschuldet. Ihr Besitz konnte so auch in Hände anderer, erfolgreicherer (alter oder frisch gebackener) Großgrundbesitzer übergehen oder wurde die Beute von Spekulationskäufen.2 Im Gegensatz dazu gelang es einigen Familien des Hochadels, nicht nur ihren Besitz zu erhalten, sondern diesen auch sehr erfolgreich zu vergrößern, insbesondere auf Kosten ihres umfangreichen Waldbesitzes und durch beträchtliche Investitionen im Industriesektor. Dabei zählten zu den erfolgreichsten die Fürsten Auersperg, die Fürsten Windischgrätz und Grafen Attems.3 Obwohl wir also einige Adelige und Großgrundbesitzer zur Wirtschaftselite des »slowenischen Raums« zählen können, heißt dies nicht zwingend, dass sie auch von ihren Zeitgenossen als solche betrachtet wurden. Als einen der ihren betrachteten sie zweifellos des Grafen Jozef Emanuel Barbo-Waxenstein (1825-1879), der einer angesehenen und wohlhabenden adeligen Unterkrainer Familie entstammte. Obwohl er kein begnadeter Redner war und auch über kein größeres politisches Talent verfügte,4 war er nach Meinung seiner Zeitgenossen als »vermögender Adeliger, der über die alltäglichen Sorgen erhaben war, berufen und verpflichtet, für das öffentliche Wohl, den geistigen und materiellen Nutzen der gesamten Nation zu leben und sorgen«.5 Als einen ausgesprochen konservativen Katholiken hatte ihn die ländliche Bevölkerung mehrfach in der Landgemeinde zu ihrem Abgeordneten im österreichischen Reichsrat (1867-1873 und 1879) und im Krainer Landtag (1867-1879) gewählt.6 Graf Barbo war jedoch nicht der einzige Adelige, den slowenische Politiker in Wahlkreisen aufgestellt haben, wo ihnen mit Hilfe slowenischer Stimmen der Wahlsieg fast sicher war. Vor allen am Anfang des parlamentarischen Lebens haben (alt) slowenische Politiker häufig konservative Adelige aufgestellt, da sie hofften, sie würden mit ihren bedeutenden Kontakten von Vorteil sein.7 Der bekannteste war zweifellos Graf Karl Siegmund Hohenwart (1824-1899), der zwischen 1873 und 1897 mehrfach in den österreichischen Reichsrat gewählt worden war, wo er langjähriger Führer des konservativen Hohenwart-Klubs war.8 Doch können wir den Grafen Hohenwart nicht als Slowenen bezeichnen und damit auch nicht als Vertreter einer slowenischen politischen und wirtschaftlichen Elite. Dennoch hieß es im Gegensatz dazu über den Grafen Barbo, dass er sich dem Slowenentum angenähert hätte9 und nach seinem Tod wurde ihm zugeschrieben, Slowenien sei seine geliebte Heimat sowie Slowenen seine geliebten Landsleute gewesen. Nach Ansicht seiner Zeitgenossen war gerade seine Treue gegenüber der slowenischen Nation im Vergleich zu seinen Standeskollegen eher eine Ausnahme 57