Internationales Kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 2007 in Kőszeg 3. bis 6. Juli 2007 (Szombathely, 2014)
Andrej Pančur: Eliten des Wirtschaftslebens im slowenischen Raum
als die Regel.10 Konservative slowenische Volksführer blickten daher recht wehmütig auf Polen und Ungarn, deren nationale Adelige die politischen Rechte und Unabhängigkeit ihrer Nation verteidigten,11 und sehnten sich nach einem slowenischen nationalen Adel, der »reich ist und mit seinem Volk fühlt« und daher von allen gesellschaftlichen Schichten »am leichtesten politische Kämpfe führt.«12 Mit den Jahren verschwand der Wunsch nach Bildung eines slowenischen nationalen Adels immer mehr aus dem Vokabular der slowenischen Nationalelite und somit verschwand auch ein slowenischen nationales Bewusstsein von einem nationalen Adel. Keine zehn Jahre nach dem Tod des Grafen Barbo versicherte der slowenische Historiker und Lehrer Josip Apih in einer bedeutenden slowenischen liberalen Zeitschrift, dass es einen slowenischen nationalen »Adel heutzutage nicht gibt, dies ist bekannt, leider, nur allzu bekannt«.13 Fast symbolisch hat sich Graf Anton Barbo-Waxenstein (1863-1930), Sohn des bereits erwähnten Grafen Jozef Emanuel, im Gegensatz zu seinem Vater bereits als Deutscher betrachtet14 und hat im Krainer Landtag (1895-1918) und im österreichischen Reichsrat (1901-1907, 1911-1918) die deutschen Großgrundbesitzer und anschließend die deutschen Agrarier vertreten. In der Zeit seines politischen Wirkens war die Abgeordnetenkurie des Großgrundbesitzes die Basis einer politischen Repräsentanz des Deutschtums im mehrheitlich slowenischen Kronland Krain. Auch in der mehrheitlich deutschen Steiermark und in Kärnten war Großgrundbesitz fest in deutscher Hand. Obwohl in den sechziger und siebziger Jahren slowenische Kandidaten häufig ein Drittel der abgegebenen Stimmen auf sich verbuchen konnten, haben sich slowenische Parteien nach 1883 an den Wahlen zur Großgrundbesitzerkurie in Krain einfach nicht mehr beteiligt, ebenso nach dem Jahr 1891 nicht an den Wahlen zur Großgrundbesitzerkurie im Reichsrat. Doch dies hieß dennoch nicht, dass es damals keine slowenischen Großgrundbesitzer (mehr) gab. Einige Slowenen haben sogar bewusst Großgrundbesitz gekauft, um dadurch das Wahlrecht in der Großgrundbesitzerkurie zu bekommen. Aufgrund eines für Slowenen günstigen Wahlsystems waren die Hälfte der Abgeordneten des Großgrundbesitzes im Landtag von Görz-Gradisca Slowenen.15 Dessen ungeachtet ist im slowenischen nationalen und historischen Bewusstsein die Überzeugung stark verankert, dass die Slowenen schon vor langer Zeit seinen nationalen Adel verloren haben. Josip Apih belehrte seine Leser darüber, dass die Deutschen, Italiener und Ungarn immer die größten slowenischen nationalen Feinde waren, die schon im Mittelalter gewaltsam die friedliebenden Slowenen unterjocht hatten. Apih übertrug aktuelle Muster von nationalen Konflikten in die Vergangenheit. Fremde haben demnach den Slowenen schon immer ihre Kultur aufgedrängt und im Gegenzug von ihnen erwartet, dass sie auf ihr Land, ihre goldene Freiheit und nicht zuletzt auf ihre Muttersprache verzichten. Der slowenische nationale Adel ist daher einerseits aufgrund der Gewalt fremder Feudalherren unter gegangen, ande58