Internationales Kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 2007 in Kőszeg 3. bis 6. Juli 2007 (Szombathely, 2014)

Ivo Goldstein: Die Ustascha Revolution 1941. Die Entstehung einer neuen Elite?

brechens dem Senat des wandernden Kriegsgerichts Bozidar Adzija, Ognjen Prica, Ivo Kuhn, Zvonimir Richtmann, Ivan Korski, Viktor Rosenzweig, Alfred Bergman, Sigismund Kraus, Otokar Kersovani und Simo Cmogorac vorgeführt”. Alle zehn wurden zum Tode verurteilt und die Strafe wurde am 9. Juli durch Erschießung vollzogen. Von diesen zehn Opfern waren Kuhn, Richtmann, Korski, Rosenzweig, Bergman und Kraus Juden, zwei waren Serben und zwei Kroaten. Die religiöse (bzw. nationale) Zusammensetzung der Erschossenen ließ eine Tendenz zum Ju­dengenozid erkennen, aber auch, dass sie es auf die Eliten der „Unfügsamen” ab­gezielt haben, denn alle waren Intellektuelle, von denen Adzija, Prica, Richtmann und Kersovani öffentlich angesehene Persönlichkeiten waren. Eine besondere Gruppe bildeten die Freimaurer, meist jugoslawisch gesinnt, von denen die meisten im Herbst 1941 ins Lager Jasenovac gebracht, aber nach einigen Monaten freigelassen wurden. Nach den Worten des spanischen Konsuls Alvaro Silvela de la Viesca y Casadó „akzeptieren Pavelic und seine Mitarbeiter nicht alle unter denjenigen, die, obwohl seit jeher prominente Kroaten, in der Vergangenheit wichtige Posten bezogen und dadurch an die jugoslawische Gemeinschaft gebunden waren”.6 Der spanische Konsul drückte sich eigentlich sehr gemäßigt aus: Auch alle Kroaten, denen man Mitarbeit mit dem verhassten jugoslawischen Regime nachsagen konnte, liefen Gefahr verfolgt zu werden oder wurden bereits verfolgt. Darauf reagierten diese Menschen verschieden: Der bekannte Rechtsanwalt, Handelsminister und Präsident des Senats, Zelimir- Zeljko Mazuranib (1882-1941), aus einer mächtigen und einflussreichen kroatischen Familie stammend, beging Selbstmord am 6. Juli 1941, als die Deportation von Juden und Serben ihren Gang genommen hat. Oton Franges (1870-1945), Forstminister in der königlicher Regierung von 1929, schrieb dem Minister Artukovié schmeichelnde Briefe („das Wohl des kroatischen Volkes war immer mein oberstes Ziel”, „der Heimat immer treu” usw.) mit der Bitte, man möge ihm den im August 1941 ausgeschalteten Telefonanschluss wieder einschalten.7 Allem Anschein nach überlebte Frangeä den Krieg in Zagreb, vollkommen marginalisiert. Juraj Kmjevic (1895-1988) war während des Krieges Haupträpresentant der Kroatischen Bauernpartei im Exil und Vizepräsident der jugoslawischen Regierung in London. Im Herbst 1941, im Amtsblatt des Königreichs Jugoslawien, verurteilte Kmjevié die Ustascha-Verbrechen aufs schärfste - er nannte die Ustascha ein „Verrätergesindel” und betonte, dass „das kroatische Volk mit Ustascha Untaten nichts Gemeinsames hat...”. Er empörte sich, dass so etwas quasi im Sinne „der kroa­tischen nationalen Interessen” getan werden sollte und schließt damit, dass „jeder, der das kroatische Volk mit den Untaten von einem Haufen verdorbener kroatischer Schwachköpfe gleichsetzen würde, einen rieseigen Fehler machen würde”.8 Die Be­hauptung von den Ustascha als „Schwachköpfen” mag wirkungsvolle Propaganda gewesen sein, es bleibt aber die Frage, ob sie dem Tatbestand entsprach? 49

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