Internationales Kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 2007 in Kőszeg 3. bis 6. Juli 2007 (Szombathely, 2014)
Jenő Gergely: Die katholische Kirchenelite zur Zeit der Jahrhundertwende (im Jahre 1900)
heben bestrebt war und auch als Mäzen für die Wissenschaften und die Kultur eintrat, eine besonders wichtige Rolle.15 Fast alle Mitglieder der katholischen Kirchenelite waren auch in weitere Eliten einzureihen. Als Mitglieder der politischen Elite wurden die katholischen Diözesanbischöfe, die gemäß den Gesetzen für die Zeit ihres Amtes Mitglieder des Herrenhauses waren, in die katholische Kirchenelite gezählt. Ihre Zahl betrug 18 Personen. Ebenfalls von Amts wegen erhielten der Benediktiner Erzabt von Pannonhalma (Martinsberg), der Prior von Aurania (Vrana), der Titularbischof von Tinnin und der Titularbischof von Nándorfehérvár (Belgrad) ihre Mitgliedschaft. Somit also insgesamt 22 Personen. Sie waren von Amts wegen ab ovo Mitglieder der Elite. Unter den Abgeordneten des Parlamentes finden wir zwischen 1896 und 1901 insgesamt 12 katholische Priester. Von ihnen waren sieben Pfarrer, zwei Kapitulare (Domherrn, canonicus), zwei Seelsorger-Religionslehrer und ein Klosterbruder. Die Abgeordneten, die als untere Kategorie der Elite angesehen werden können, kamen also mit Ausnahme der beiden Kapitulare aus der Gruppe der niederen Geistlichen. Es gab fast keinen von ihnen, der eine Kirchenkarriere gemacht hätte und wer zum Bischof wurde, nahm den Abgeordnetensitz nicht mehr auf sich. Auch in der Politik gelangten nur wenige von ihnen in höhere Positionen (in erster Linie in der Katholischen Volkspartei /Katolikus Néppárt/ bzw. anderen Organisationen). Wenn man die Verteilung der Parteimitgliedschaften betrachtet, so waren 6 Abgeordnete aus der Katholischen Volkspartei, zwei Abgeordnete aus der Liberalen Partei (Szabadelvű Párt), weitere zwei Abgeordnete aus der National- Partei (Nemzeti Párt), ein Abgeordneter aus der Ugron-Partei (Ugron-párt), während ein Abgeordneter unabhängig (parteilos) war. In der Exekutivgewalt hatte der katholische Klerus traditionell eine Position inne: an der Spitze der (katholischen) Abteilung I. des Kultusministeriums (VKM) stand für gewöhnlich der Domkapitular von Esztergom (Gran), in selteneren Fällen ein Domkapitular aus einer anderen Diözese.16 In die Reihe der Wirtschaftselite können jene katholischen Kleriker gerechnet werden, die mindestens über ein Benefizium von 1000 oder mehr Acker verfügten. Der Großbenefiziar war nicht der Besitzer der Kirchengüter, sondern nur Verwalter und Nutznießer ihrer Erträge.17 In diese Gruppe können alle Diözesanbischöfe, die Vorsteher der Mönchorden mit Benefizien und der Dompropst gerechnet werden. Über weitere Besitztümer der Elitemitglieder (über eventuelle Bankkonten, Aktien) gibt es keine Quellen. Aus der wissenschaftlich-kulturellen Elite wurden jene Mitglieder auch in die Kirchenelite gerechnet, die Mitglieder der Ungarischen Akademie der Wissenschaften waren, oder als (ordentliche) Universitätsprofessoren an Universitäten unterrichteten. Von den untersuchten Elitemitgliedem gab es 16 Personen, die 139