Drăgan, Ioan (szerk.): Mediaevalia Transilvanica 2003-2004 (7-8. évfolyam, 1-2. szám)
† Gyula Kristó: Die Stellung Siebenbürgens innerhalb des Königreichs Ungarn im früheren Mittelalter
Die Stellung Siebenbürgens innerhalb des Königreichs Ungarn im früheren Mittelalter Gyula KRISTÓ Beim Versuch, Siebenbürgens Stellung innerhalb des Königreichs Ungam vor dem frühen 14. Jh. im Hinblick auf den gesellschaftlichen Entwicklungsstand zu bestimmen, sehen wir uns mit zwei Schwierigkeiten konfrontiert: Zum einen hat man die Spaltung zu berücksichtigen, mit der bei der Erforschung seiner mittelalterlichen Geschichte gerechnet werden muss. Vor allem für die rumänische und die Siebenbürger sächsische (und je nach historischer Epoche auch für die ungarische) Geschichtsschreibung ist es charakteristisch, dass sie ihre Forschungen auf ethnischer Grundlage vornehmen, d.h. die rumänischen Forscher befassen sich nur mit der Geschichte der rumänischen Bevölkerung, die sächsischen ausschließlich mit der Historie der deutschen Einwohner von Siebenbürgen. Dies birgt die Gefahr in sich, dass sie die eigentliche Problematik Siebenbürgens nicht von der „supranationalen“, der über die Nationen hinausreichenden, ganzheitlichen Perspektive her betrachten können. Natürlich ist das ethnische Problem ein nicht wegzudenkender Teil der frühen Geschichte Siebenbürgens, man darf jedoch nicht alles diesem Problem unterordnen. Zum anderen wirkt sich eine - vor allem für Mittel- und Ost-Europa charakteristische - Anschauung der modemen Zeit, die ungerechtfertigt auf das Mittelalter bezogen wird, sehr hemmend bei unseren Untersuchungen aus: diese rührt von der Auffassung her, dass mit der Entfernung einer jeweiligen Region vom Verwaltungs- und Machtzentrum, deren Entwicklungsrückstand erheblich ansteigt. Diese Behauptung kann schon aus dem Grund nicht für das Mittelalter gelten, zumal zu der Zeit kein Machtzentrum im heutigen Sinne existierte. Das Zentrum Ungarns (medium regni) bildete damals das Dreieck Altofen - Gran - Stuhlweißenburg (heute Buda - Esztergom - Székesfehérvár), wobei diesem allerdings bei weitem nicht die Rolle zukam, wie den modemen Hauptstädten. Allen Anzeichen nach dürfte die Entwicklung Siebenbürgens in den 300 Jahren von Anfang des 11. Jhs. bis hin zum 14. Jh. im wesentlichen parallel zu den anderen Gebieten des Königreichs Ungam verlaufen sein, d.h. es kann von keinen gravierenden Unterschieden gesprochen werden, die im Vergleich zu Ungarn - dessen organischen Teil Siebenbürgen bildete - auffallen würden. Auch in Bezug auf die Entwicklungsdynamik ist mit keiner bedeutenden Differenz zu rechnen. Selbstverständlich kann dies nicht so Mediaevalia Transilvanica V1I-VIII (2003-2004), nr. 1-2.