Ciubotă, Viorel (szerk.): Satu Mare. Studii şi comunicări 11-12. (1994-1995)

Istorie

9 Mißbrauch der Staats ... 191 Wir fragen uns, ob die Priester und die Lehrer sich im Kampfe um die Muttersprache hätten anders verhalten können. Milde beurteilt, sind wir der Meinung, daß die Genannten in Ungarn dem Druck haben nach­geben müssen. Sie wollten nicht ihr Brot verlieren und als Verräter des Landes gelten. Aber während der folgenden 70 Jahre rumänischer Herr­schaft kämpfte die röm.-kath. Priesterschaft mit wenigen Ausnahmen noch viel stärker für die Magyarisierung, diesmal nicht mehr aus Bed­rängnis, sondern aus freiem Willen, auch indem sie dadurch gegen den Katholizismus handelte. Manche Geistlichen ließen sich deswegen sogar von Gerichten verurteilen, einkerkern, zettelten 1939 eine Verschwörung zu Gunsten Ungarns an, lagerten Sprengstoff im bischöflichen Archiv ein. Neun Priester waren mitbeteiligt. Bischof Stefan Fiedler, wenn­gleich unschulding, mußte aus diesem Grunde abdanken.16 Im Jahre 1977 sammelt© ich in der Gemeinde Schandra, wo nur Schwaben lebten, wo kein Kind magyarisch verstand und nur eine deut­sche Schule existierte, Folklore. Ein Bauer lud mich zum Mittagessen ein. Er erhob sich und sagte zu seinen drei Schulkindern: „Wir beten.“ Und die Familie begann magyarisch zu beten. Ich fragte sie, weshalb sie nicht ein Gebet in der Muttersprache sagen. Die Antwort: „Weil wir das in der Religionstunde so gelernt haben, und in der Kirche beten wir ja auch nur so“. Dies geschah in Rumänien, in einem Dorf, wo niemand magyarisch sprach. Heute demolieren Zigeuner die schönen Häuser der Sehandremer, die alle schon um Nürnberg wohnen. Es gibt nur mehr eine Ortschaft im Kreis Sathmar, wo klein und groß schwäbisch spricht, aber in der Kirche und beim Religionsunterricht läuft doch alles ma­gyarisch weiter, das Dorf heißt Beschened. In der Gegenwart ist nichts mehr wie es war. Durch Landflucht, Auswanderung, Mischehen sind die festgefügt gewesenen Gemeinschaft gelockert mancherorts ganz aufgelöst. Überall herrscht Unsicherheit, Hoffnungslosigkeit, Bitternis. Geblieben ist aber das christliche Stammes­gut, der tiefe Glaube an die Allmacht Gottes, die ergebene Fügung in das Schicksal. Hier in Deutschland leben wir nach unseren Sitten. Unsere Kinder heiraten in der Kirche, sie lassen ihre Nachkommen taufen. Die Erst­kommunion und die Firmung eines Kindes bringt die Großfamilie zu­sammen. Und wenn mal ein Jugendlicher ausbricht, wartet man gedul­dig auf seine Rückkher. Auch die Dorfgemeinschaften kommen noch jährlich zusammen. Ihre Begegnung beginnt mit einem Gottesdienst und dem Gedenken der Toten, die aus dieser Gemeinde geschieden sind. Die Enkel nimtmt man auch gerne mit, um sie den einstigen Nachbarn zu zeigen. Wir sind der Überzeugung, daß die Lichterprozessionen in der ge­wesenen DDR, die Gebete auf den Straßen Temesvars und die der Mil­lionen dies- und jenseits des Eisernen-Vorhangs das unblutige Ende des Kommunismus gebracht haben. Die Wende sehen wir als ein Geschenk Gottes an. In diesem Sinne können wir nur hoffen, daß das große Opfer, das unser Volk gebracht hat, auch einen Sinn hat. 16 Schmied, Stefan, Heimatbuch der Sathviarer Schwaben. 1952, S. 65.

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