Gertrude Enderle-Burcel, Dieter Stiefel, Alice Teichova (Hrsg.): Sonderband 9. „Zarte Bande” – Österreich und die europäischen planwirtschaftlichen Länder / „Delicate Relationships” – Austria and Europe’s Planned Economies (2006)

Roman Stolzlechner: Österreichs Wirtschaftsbeziehungen mit der DDR und die Bedeutung der KPÖ-Firmen

ÖSTERREICHS WIRTSCHAFTSBEZIEHUNGEN MIT DER DDR UND DIE BEDEUTUNG DER KPÖ-FIRMEN Roman Stolzlechner Einleitung Der tatsächliche Einfluss der KPÖ und ihrer Firmen auf die Wirtschaftsbeziehungen Österreichs mit dem Ostblock (bzw. RGW-Ländem) ist bis heute noch nicht zufrieden stellend geklärt. Um Licht in die Sache zu bringen und Antworten zu finden, aber auch um vorschnelle Verallgemeinerungen zu vermeiden, bietet sich an, in länderspezifischen Untersuchungen der Bedeutung der KPÖ- Firmen für die Handelsbeziehungen der Ostblockstaaten mit Österreich nachzugehen. Ich möchte im Folgenden am Beispiel DDR Anregungen zu weiteren Einzeluntersuchungen mit dieser Thematik geben. Zunächst ein kurzer Blick auf den österreichischen Osthandel im Allgemeinen. Ungefahr bis zum Jahre 1956 hemmten vor allem seit Beginn des Marshallplanes Importe aus den USA die Entwicklung des Ostimports (1956: 13 Prozent, 1960: 7,3 Prozent des Gesamtimports).1 Von 1956 bis 1960 gewann der Osthandel wieder an Bedeutung, so stieg der Import bzw. Exportanteil von elf Prozent bzw. 13 Prozent auf 13,1 Prozent bzw. 17 Prozent, nahm aber dann anteilsmäßig wieder ab, erreichte 1975 nochmals 10,2 Prozent bzw. 17,1 Prozent und sank dann kontinuierlich bis 1981 auf 11,9 Prozent bzw. 11,4 Prozent. 1989 entfielen auf Oststaaten nur mehr 9,9 Prozent der österreichischen Exporte und 6,8 Prozent der Importe.2 Die geographische Lage, die sowjetische Besatzung und später die Neutralität prädestinierten das Land zwar zur Anlaufstelle für Ostblockstaaten und westliche Firmen zu werden, die trotz des Kalten Krieges Handel treiben wollten und die KPÖ-Firmen leisteten dabei von beiden Seiten willkommene Vermittlungsarbeit und versorgten unter anderem Österreich mit polnischer Kohle und Öl aus der Sowjetunion (die Firma Turmöl belieferte zeitweilig 80 Prozent aller österreichischen Haushalte mit Heizöl). Dennoch nahm auf Grund der unterschiedlichen Wirtschaftssysteme und Entwicklungsgeschwindigkeiten die Bedeutung des Osthandels wertmäßig immer mehr ab. Real bzw. mengenmäßig 1 Handbuch des österreichischen Osthandels, hrsg. vom Österreichischen Büro für den Ost- Westhandel unter der Redaktion von DDr. Helene Legradi, Dr. E. R Fiala. Wien 1962, S. 53. 2 Stankovsky, Jan: Österreichs Osthandel nach der Wende 1989. ln: WIFO Monatsberichte Nr. 10, 1998. Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs/Sonderband 9 153

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