Gertrude Enderle-Burcel, Dieter Stiefel, Alice Teichova (Hrsg.): Sonderband 9. „Zarte Bande” – Österreich und die europäischen planwirtschaftlichen Länder / „Delicate Relationships” – Austria and Europe’s Planned Economies (2006)
Alexandra Neubauer-Czettl: Österreichs Beziehungen zu Ungarn, Polen, der Tschechoslowakei und Jugoslawien im Spiegel der Staatsurkunden
Alexandra Neubauer-Czettl Kritik gab es immer wieder dahingehend, dass die österreichische Handelspolitik „nach wie vor gegenüber der Tschechoslowakei unter dem Einfluss protektionistischer Tendenzen“ bliebe, und dass Österreich am bisher streng bilateralen Handel mit Kontingentbeschränkungen und Clearingsystem festhalte und die Forderung der sozialistischen Länder nach Übergang der Zahlung in frei konvertierbaren Währungen ignoriere.16 Die Umstellung des Zahlungsverkehrs von der Clearing Verrechnung zur Bezahlung in konvertiblen Devisen war aber eine weitere Voraussetzung für den Außenhandelsboom mit den RGW-Ländem seit der ersten Hälfte der 70er Jahre.17 Am 22. Oktober 1971 wurde schließlich ein neues Zahlungsabkommen geschlossen, wodurch am 31. Dezember 1971 das bilaterale Zahlungsabkommen über das Dollarclearing zwischen Österreich und der Tschechoslowakei auslief.18 Ab dem 1. Jänner 1972 wurde der Zahlungsverkehr in frei konvertierbarer Währung abgewickelt. Das Abkommen blieb zunächst nur bis 31. Dezember 1972 in Kraft; seine Geltungsdauer verlängerte sich aber automatisch jeweils um ein Jahr, sofern es nicht von einem Vertragspartner schriftlich mindestens drei Monate vor Jahresende gekündigt wurde.19 Eine weitere Förderung des bilateralen Handels sollte durch das Abkommen über die wirtschaftliche und industrielle Zusammenarbeit, das anlässlich der Brünner Messe am 12. September 1971 abgeschlossen wurde und am 14. Dezember 1971 in Kraft trat, erreicht werden.20 Es wurde eine „Gemischte Kommission“ gebildet, die die zur Durchführung des Abkommens erforderlichen Maßnahmen vorschlagen und ihre Durchführung beobachten sollte. Als Ergänzung zum Abkommen sind auch die Rahmenvereinbarungen zur Förderung von Kooperationsprojekten, insbesondere zur Förderung gemeinsamer Exporte in Drittländer von 1974 anzufuhren.21 Die Kooperationsbeziehungen zwischen Österreich und der Tschechoslowakei blieben aber trotz dieser Abkommen auf niedrigem Niveau. Von den 16 Dipl.-Ing. Zdenek Jurik im Artikel „Einige Probleme der tschechoslowakisch-österreichischen Wirtschaftsbeziehungen“, in: Mitteilungen des Österreichischen Büros für den Ost-West-Handel, Jg. 19, Nr. 5 Messenummer August 1970, o. S. 17 Sch il ly: Außenhandel zwischen Österreich und der Tschechoslowakei. S. 88 18 Vgl. BGBl. 496 aus 1971: Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Außerkraftsetzung des Zahlungsabkommens vom 29. Oktober 1948 und den Übergang zum Zahlungsverkehr in frei konvertierbarer Währung. Vgl. auch ÖStA, AdR, BMAA, Sturk, Tschechoslowakei 1971 X 22. 19 Mitteilungen des Österreichischen Büros für den Ost-West-Handel, Jg. 20, Nr. 4 Anfang Dezember 1971, S. 7. BGBl 24 aus 1972: Abkommen über die wirtschaftliche und industrielle Zusammenarbeit zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik. Vgl. auch ÖStA, AdR, BMAA, Sturk, Tschechoslowakei 1971 IX 12. 21 La ur i n g, Erika: Das Ostgeschäft. Wien 1976. S. 43. 270