Gertrude Enderle-Burcel, Dieter Stiefel, Alice Teichova (Hrsg.): Sonderband 9. „Zarte Bande” – Österreich und die europäischen planwirtschaftlichen Länder / „Delicate Relationships” – Austria and Europe’s Planned Economies (2006)
Alexandra Neubauer-Czettl: Österreichs Beziehungen zu Ungarn, Polen, der Tschechoslowakei und Jugoslawien im Spiegel der Staatsurkunden
Alexandra Neubauer-Czettl Allgemein ist noch zu bemerken, dass der Warenaustausch in den ersten Nachkriegsjahren generell auf der Basis von Privatkompensation abgewickelt wurde. Erst 1955, nach Abschluss des österreichischen Staatsvertrages, zeichnete sich eine Trendumkehr im Osthandel Österreichs ab. Es setzte ein bemerkenswertes Wachstum des Handels mit den RGW-Staaten ein. Auf der Basis des Staatsvertrages wurde der Handel mit den Oststaaten durch umfangreiche Handelsabkommen in generelle Bahnen gelenkt.2 Es ist notwendig, eine formale Unterscheidung zwischen Verträgen und Abkommen zu machen. In einem Lexikon findet sich unter dem Stichwort „Handelsvertrag“ der Hinweis, dass „kurzfristige, oft auf ein Jahr begrenzte Handelsverträge, die nicht dem Ratifizierungsverfahren unterliegen“, als Handelsabkommen bezeichnet werden. In der Praxis als Forscher ergibt sich daraus die Konsequenz, dass theoretisch alle Handelsabkommen und -Verträge in den Staatsurkunden zu finden sind, während aber nur jene Verträge, die ratifiziert wurden, in den Bundesgesetzblättern veröffentlicht sind. Ich werde in meinen Ausführungen beide Begriffe gleichgestellt ohne diese Differenzierung verwenden, da auch in den Bundesgesetzblättern meist von „Abkommen“ die Rede ist.3 T schechoslowakei Durch den Zweiten Weltkrieg war es zu einer Unterbrechung der relativ gut entwickelten Handelskontakte zwischen Österreich und der Tschechoslowakei gekommen, doch unmittelbar nach dem Ende des Krieges gehörte Österreich zu den ersten Staaten, mit denen die Tschechoslowakei seine ökonomischen Beziehungen erweiterte. Am 15. Dezember 1945 schloss Österreich mit der Tschechoslowakei sein erstes Handelsabkommen der Nachkriegszeit ab. Die Geltungsdauer war nur mit einem halben Jahr befristet, danach wurde der Warenaustausch auf der Basis von Privatkompensation abgewickelt.4 Ein neues Handelsabkommen wurde bereits am 29. Oktober 1948 unterzeichnet sowie ein Zahlungsabkommen,5 welches bis 1971 in Geltung war. Das Handelsabkommen, das die Phase der Privatkompensation zwischen 1945 und 1948 beendet E b en d a , S. 62 f. Zur Thematik generell vgl. Schall hart, Dieter: Die Handelsverträge und deren Bedeutung für die Außenwirtschaft Österreichs. Diss. Innsbruck 1955/56. 4 S c h i 11 y : Außenhandel zwischen Österreich und der Tschechoslowakei, S. 57. 5 Vgl. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik Wien, Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten, Staatsurkunden [in Hinkunft: ÖStA, AdR. BMAA, Sturk], Tschechoslowakei 1948 X 29. 268