Gertrude Enderle-Burcel, Dieter Stiefel, Alice Teichova (Hrsg.): Sonderband 9. „Zarte Bande” – Österreich und die europäischen planwirtschaftlichen Länder / „Delicate Relationships” – Austria and Europe’s Planned Economies (2006)

Roman Stolzlechner: Österreichs Wirtschaftsbeziehungen mit der DDR und die Bedeutung der KPÖ-Firmen

Ostdeutschland hat von den Verliererstaaten des Zweiten Weltkrieges die meisten Wiedergutmachungsleistungen erbracht. Die Anfänge des Kalten Krieges, die Währungsreform im Westen und Osten, die sowjetische Berlin-Blockade und der durch den Marshallplan geringer werdende Bedarf Westeuropas nach Industriegüter aus dem Osten, führten 1947/8 zu einer Umorientierung des Außenhandels. Waren 1947 die Länder Ost- und Südosteuropas gerade mit neun Prozent am Außenhandelsumsatz der SBZ beteiligt, wurden schon 1948 45 Prozent und 1950 68 Prozent der Geschäfte mit ihnen abgewickelt. Ostdeutschland wurde also, genauso wie die Tschechoslowakei, zunehmend von einem industriell rückständigen Wirtschaftraum abhängig, in dem es als Kriegsverlierer nicht die Stellung einnehmen konnte, die seinen ökonomischen Produktionskapazitäten entsprach. Der östliche Wirtschaftsraum, in den sie integriert wurde, war im Vergleich mit dem westlich-kapitalistischen nicht nur rückständig, dessen politische Ökonomie war überdies weit weniger revolutionär als jene des Westens. In diesem Konglomerat primär national orientierter Kommandoökonomien fehlte der systemische Zwang zur Einsparung von Arbeit und zur Revolutionierung der Produktionstechnologien, also zu dem, was Josef Schumpeter im Anschluss an Überlegungen von Marx „produktive Destruktion" nannte: d. h. der Zwang zur ständigen Verbesserung der Produktionskapazitäten und rentableren Gestaltung der Arbeitsverhältnisse. All diese Faktoren machten sich bald bemerkbar. Österreichs Wirtschaftsbeziehungen mit der DDR und die Bedeutung der KPÖ-Firmen Anfang der 50er Jahre wurde klar, dass die USA und auch Adenauer kein Interesse an einem vereinten, neutralen und entmilitarisierten Deutschland hatten. Salopp formuliert lässt sich sagen, dass Adenauer Ostdeutschland opferte, um sich für Westdeutschland die volle politische und ökonomische Unterstützung der USA zu sichern. Als Antwort darauf wurde in der Ostzone das Außenhandelsmonopol durchgesetzt. Nur der Staat durfte von nun an Außenhandelsgeschäfte einschließlich Devisentransaktionen (Valutamonopol) durchführen. Außerdem konnte die Binnenwährung nicht gegen ausländische Währungen eingetauscht werden. Das war eine wesentliche Voraussetzung zur Etablierung der Planwirtschaft. Mit dem Außenhandels- und Valutamonopol sollte die Binnenwirtschaft vor unkalkulierbaren und unerwünschten Außeneinflüssen geschützt werden, ganz nach dem Muster von Fichtes geschlossenem Handelsstaat. Der 1949 gegründete Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) änderte daran nur wenig. Bis 1952 konnte der RGW gar keine relevante ökonomische Funktion erfüllen, da die wirtschaftliche Zusammenarbeit kaum stattfand und bilateral gehandelt wurde. Österreich hingegen gehörte zwar vor dem Zweiten Weltkrieg zu den entwickelten Industrienationen, war aber unter den späteren EG- und EFTA- Ländem das schwächste Glied. Daran änderte sich auch nichts durch die kriegsbedingten Investitionen, die zur Ausweitung der Produktionskapazitäten 155

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