Georg Lehner, Monika Lehner (Hrsg.): Sonderband 6. Österreich-Ungarn und der „Boxeraufstand” in China (2002)
Die „Friedensverhandlungen“ zwischen China und den Mächten - Verlauf, Abschluss und Unmittelbare Folgen
Abkommens sollte das Ende des „Rennens um die Konzessionen“ und eine Neutralisierung der auch in Ostasien spürbaren Auswirkungen des europäischen Kräftespiels sein, woraus alle Beteiligten Vorteile ziehen sollten: Such an arrangement would go far to secure an open market for merchandise in China and to remove dangerous sources of international conflict: and it is not anticipated that any serious difficulty would be experienced in attaining it.19“ Grubissich, der zuvor erklärt hatte, in Tokyo würden die Ereignisse in China distanziert beobachtet, berichtet nun: Es unterliegt keinem Zweifel, daß eine derartige Vereinbarung im Widerspruche mit der Deklaration über die Integrität China’s stehen würde. Für Japan selbst bedeutet dieses Abkommen einen harten Schlag und es ist nicht zu verwundern, daß neue Aufregung nicht nur in der öffentlichen Meinung aber auch in den officiellen Kreisen Platz gegriffen hat. Es sind kaum 5 Jahre her, daß das siegreiche Japan dank der russisch-deutsch-französischen Intervention aus diesen Gebieten exmittirt worden ist und heute muthet man Japan zu, daß es mit verschlossenen Armen Zusehen soll, wie eine andere Macht sich in diesen mit japanischem Blute getränkten Gegenden festsetzen soll. Abgesehen auch von diesen historischen Reminiscenzen würde die Besetzung der Mantschurei durch die Russen den Einfluß Japan’s in Korea, wenn nicht compromittiren, so doch derartig schwächen, daß es jedwede Velleität auf Korea aufgeben müßte.1963 1964 Als erstes Blatt brachte die „Times“ die Nachricht von einem russischchinesischen Mandschurei-Abkommen.1965 Dieses Abkommen“ wurde in St. Petersburg heruntergespielt: Schon die untergeordnete Stellung der Unterhändler zeige, dass es sich lediglich um eine temporäre Maßnahme zur Wiederherstellung und Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in der Mandschurei handle.1966 Großbritannien betrachtete das als Errichtung eines russischen Protektorates - wie der englische Botschafter in St. Petersburg erklärte, tangiere das Vorgehen Russlands das deutsch-englische Abkommen „welches weder dem Wortlaute noch dem Geiste nach dahin interpretirt werden dürfte, dass sich die Contrahenten bezüglich der Mandschurei desinteressiren wollen.“1967 Der k. u. k. Botschafter in London aber wischte alle diese Diskussionen vom Tisch, indem er schlicht erklärte: Die „Friedensverhandlungen“ zwischen China und den Mächten ... 1963 Griswold (1964), S. 475-487. ln weiterer Folge war das Ergebnis der beabsichtigten Neutralisierung den in gesetzten Erwartungen diametral entgegengesetzt: Japan und Rußland rückten näher zusammen, um ihre Interessen in der Mandschurei und in der Inneren Mongolei zu verteidigen. Entsprechende Verträge wurden am 4. Juli 1910 und am 25. Juni 1912 abgeschlossen. 1964 FIHStA, P.A. XXIX/23, fol. 161v-163v, Grubissich an Goluchowski, Bericht No. 1, Tokio, 19.1.1901. 1965 Das Abkommen betraf vor allem die Provinz Fengtian und wurde zwischen Zengqi und Alekseev abgeschlossen. Zu Zengqi ZJC, S. 746. 1966 HFlStA, P.A. XXIX/23, fol. 73', Aehrenthal an Goluchowski, Bericht No. 3 (Chiffre), St. Petersburg, 9.1.1901. 1967 Ebenda, fol. 73r, Aehrenthal an Goluchowski, Bericht No. 3 (Chiffre), St. Petersburg, 9.1.1901. 507