Georg Lehner, Monika Lehner (Hrsg.): Sonderband 6. Österreich-Ungarn und der „Boxeraufstand” in China (2002)

Österreich-Ungarns Maritim-Militärische Präsenz in China: Vom Entsatz der Gesandtschaften bis Ende Januar 1901

Georg Lehner - Monika Lehner Die russische Eisenbahnverwaltung stellte Montecuccoli und seinem Stab einen Wagon für die Weiterfahrt zur Verfügung. In der Nähe der Forts hörte Montecuccoli erstmals von den durch eine Minenexplosion verursachten Verlusten der als Verstärkung entsandten Abteilung Demeter.1494 Montecuccoli und Kader machten sich auf zwei ihnen von den Russen zur Verfügung gestellten Pferden auf den Weg zu den Forts: Kaum waren wir 1 000 Schritte weitergeritten, als wir unseren Verwundeten begegneten; ein trauriger Zug, besonders als die Tragbahren mit den stöhnenden und ächzenden Verwundeten kamen. Montecuccoli richtete „einige tröstende Worte“ an die Männer und wurde von dem selbst leicht verwundeten LSF Demeter über die näheren Umstände der Explosion informiert. Demeter wollte mit seinen Männern eine deutsche Abteilung überholen und war deswegen rechts an dieser vorbeimarschiert. Auf einem Damm, dem eigentlichen Weg, ging die Mine hoch. Seekadett Ludwig Pap musste sich gerade über der Mine befunden haben. Er wurde auf die andere Seite des Weges geschleudert1495, wo er tot liegen blieb.1496 Nachdem Montecuccoli und Kader die Versorgung der Verwundeten organisiert hatten setzten sie ihren Weg zum Fort fort, der von zwanzig bis dreißig Minen gesäumt war. Die ihnen zur Verfügung gestellten Pferde bewältigten den schwierigen Weg, was Montecuccoli auch in seinem Tagebuch vermerkte: „Ein Fehltritt derselben hätte uns aus dem Leben blasen können.“ Gegen 16.30 Uhr trafen Montecuccoli und Kader im Fort ein.1497 Im Südfort von Dagu hatten die deutschen Offiziere den bei ihnen verbliebenen marschmaroden k. u. k. Matrosen angewiesen, in Tanggu beim Begräbnis der durch 494 KA, Nachlass, B/830, Montecuccoli TB, S. 57. 1495 Vgl. dazu auch Trapp (1936), VI, S. 4: „Pap war dabei weit vom Damm weg ins Wasser geschleudert worden und mußte erst lange gesucht werden.“ - Eine detaillierte Übersicht über die bei der Minenexplosion verwundeten k. u. k. Matrosen enthält der Statistische Sanitäts-Bericht der k. u. k. Kriegs-Marine für die Jahre 1900 und 1901, Wien 1902, S. 89. 1496 KA, MS/OK 1900-X-14/5, Nr. 2 208, ECiO an RKM/MS, Telegramm, Taku, 20.9.1900. - Das Beileid Seiner Majestät zum Tod des Seekadetten Pap wurde dessen Vater, dem Generalmajor Béla Pap, von der Militärkanzlei Seiner Majestät bereits am 22.9.1900 telegraphisch nach Klausenburg (Kolozsvär/Cluj) übermittelt. Generalmajor Pap antwortete: „Von dem Allergnädigsten Beileide Seiner Majestät auf das Tiefste gerührt, bitte ich meinen Allerunterthänigsten Dank seiner Kais, und Königl. Apostolischen Majestät zu Füssen zu legen. Die huldvollen Worte Seiner Majestät so wie das Bewußtsein, dass mein Sohn eingedenk seines kürzlich abgelegten Eides bis zum letzten Athemzuge treu zur Flagge hielt geben Trost und Stärkung meinem schwer getroffenen Vaterherzen. Ich beweine meinen Sohn, aber ich bin stolz auf ihn. [gez.] Pap. Generalmajor.“ In KA, MKSM 1900 66-5/6-19, Nr. 2 500 erliegen die beiden mit 22.9.1900 datierten Telegramme. - Zum Text der Trauerparte vgl. auch Fremden-Blatt, Nr. 267 vom 29.9.1900, Morgenblatt, S. 5. 1497 KA, Nachlass, B/830, Montecuccoli TB, S. 58 f. - Diese Minenexplosion fand auch Eingang in die Memoiren Emil von Lesseis: „Den verhältnismäßig größten Verlust erlitten die österreichischen Matrosen, die das Unglück hatten, in die große Mine auf dem Eisenbahndamm zu geraten. Ein junger Fähnrich führte sie, und ich hatte mich noch kurz vor Eintritt der Katastrophe noch ihres frischen, soldatischen Wesens erfreut.“ Lessei (1981), S. 198. - Auch andere deutsche Augenzeugen berichteten ähnlich. Vgl. den in der WAP, Nr. 275 vom 30.11.1900, S. 5 abge­druckten Bericht der „Vossischen Zeitung“, in gleichem Wortlaut bei Zabel (1902), S. 207-209 abgedruckt. 410

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