Georg Lehner, Monika Lehner (Hrsg.): Sonderband 6. Österreich-Ungarn und der „Boxeraufstand” in China (2002)

Österreich-Ungarn und der Beginn des Internationalen Engagements zur Unterdrückung der Unruhen in China

bleiben und sich deren Entscheidungen anschließen werde.549 Schon am 30. August hatte Bülow für Kaiser Wilhelm II. die österreichisch-ungarische Position zum russischen Räumungsvorschlag erläutert. Gotuchowski habe dem russischen Botschafter in Wien (Graf Kapnist) auf diesen Vorschlag geantwortet: Die Mächte, in erster Linie Rußland, hätten dem Oberkommando des Feldmarschalls Grafen von Waldersee für die Provinz Petschili zugestimmt, dies involviere doch, daß auch das russische Detachement in Peking zur Verfügung dieses Generals gehalten werde. Im Laufe einer Unterredung mit Kapnist hatte Gofuchowski gefragt, wie der Räumungsvorschlag mit diesem Zugeständnis in Einklang zu bringen wäre. Der deutsche Geschäftsträger in Wien interpretierte die Aussagen des k. u. k. Ministers des Äußern dahingehend, dass Österreich-Ungarn ebenfalls dafür eintrete, dass die Frage der künftigen Verwendung der jetzt in Peking befindlichen Truppen eine militärische ist und der Entscheidung des Grafen Waldersee Vorbehalten bleiben sollte.550 Mitte Juli 1900 hatte das Reichskriegsministerium der Frage eines Waffenexportverbotes nach China keine besondere Bedeutung beigemessen. Man hatte im Zusammenhang mit der Frage des Verkaufes von 100 000 Werndl- Gewehren an das Ausland den Standpunkt vertreten, dass ein nur für den Export nach China geltendes Waffenexportverbot kaum Wirkung zeigen würde. Die 7. Abteilung des Reichskriegsministeriums plädierte zur Regelung dieser Frage für die Einleitung von Gesprächen mit dem Ministerium des Äußern.551 Kurz vor der Eskalation der Krise in China hatte der österreichisch-ungarische Vizekonsul Nikolaus Post am 27. April 1900 noch über eine verheißungsvolle Zukunft für den Waffenexport dorthin berichtet. Vor allem in Südchina hätte es damals Bestrebungen gegeben, „namhafte Mengen von Gewehren älterer Modelle und sonstiger Waffen“ anzukaufen. Post war der Ansicht, dass sich „hier auch für das hohe k. u. k. Kriegsministerium eine günstige Gelegenheit bietet, eventuelle Vorräthe an zurückgesetzten Gewehren abzusetzen“ und schloss seinem Bericht daher auch Hinweise für die Gestaltung der Angebote an chinesische Interessenten an.552 Der französische Außenminister Delcassé ließ in Wien mitteilen, dass ihm Meldungen vorlägen, wonach „man in einzelnen Häfen Europas fortfahre, für Österreich-Ungarn und der Beginn des internationalen Engagements ... 549 HHStA, P.A. XXIX/20, Gotuchowski an die Vertretungen in Petersburg, Berlin, Paris, London, Rom und Washington, Wien, 17.9.1900. - Zum russischen Vorschlag vom 25.8.1900 vgl. unten. 550 GP XVI, S. 111: Nr. 4 627, Bülow an Wilhelm II., Berlin, 30.8.1900. 551 KA, KM Präs.1900 57-17/6, Nr. 3 985 (präs. 20.7.1900). - Der Schweizer Bundesrat hatte am 24.7.1900 angesichts der Krise in China ein Waffenexportverbot beschlossen, da in den Jahren davor viele ältere Gewehre „an Händler verkauft“ wurden, „um nach China zu wandern. Das Verbot wird also sehr nützlich sein.“ HHStA, P.A. XXIX/18, Kuefstein an Gotuchowski, Bericht No. 49 A- B, Bern, 24.7.1900. - Die k. u. k. Gesandtschaft in Kopenhagen berichtete am 16.8.1900, dass Dänemark ein Exportverbot für Waffen und Munition nach China verhängt habe. Vgl. dazu HHStA, P.A. XXIX/19, Dubsky an Gotuchowski, Bericht No. 46 Vertraulich, Kopenhagen, 16.8.1900. 552 KA, KM Präs.1900 51-35/1, Nr. 2 983, Einsichtsstück des MdÄ, Nr. 1 170/4 I. B. vom 28.5.1900. Bericht des k. u. k. Konsulats in Hongkong, No. CXCVIII/a. G., Hongkong, 27.4.1900. 173

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