Georg Lehner, Monika Lehner (Hrsg.): Sonderband 6. Österreich-Ungarn und der „Boxeraufstand” in China (2002)

Österreich-Ungarn und der Beginn des Internationalen Engagements zur Unterdrückung der Unruhen in China

Georg Lehner - Monika Lehner chinesische Rechnung Waffen zu exportiren.“ Delcassé hielt diesen Umstand als „dem europäischen Interesse zuwider“ laufend und vertrat die Meinung, dass sich die Mächte auf wirksame Maßnahmen zur Unterbindung weiterer Waffenexporte nach China einigen sollten. In Wien nahm man diesen französischen Vorschlag umgehend auf und wollte dafür Sorge tragen, den „Transit oder den Export“ von für die chinesische Armee bestimmtem Kriegsmaterial aus Häfen der österreichisch­ungarischen Monarchie zu unterbinden.553 Die vom Ministerium des Äußern daraufhin ergriffenen Maßnahmen zur Unterbindung möglicher Rüstungsexporte nach China blieben jedoch nicht nur auf Österreich-Ungarn selbst beschränkt. Am 27. Juli richtete Szécsen an die österreichisch-ungarischen Konsulate in den Hafenstädten Großbritanniens, Belgiens, der Niederlande, Frankreichs, Italiens, Spaniens, Portugals und Griechenlands ein Zirkular, in dem er die Verhinderung der Waffenausfuhr nach China „als im europäischen Interesse gelegen“ bezeichnete und die Konsularämter informierte, dass auch die k. u. k. Regierung - dem Beispiel anderer Mächte folgend - alles veranlasst habe, „um eine Verladung von nach China bestimmtem Kriegsmaterial in unseren Häfen wirksam zu verhindern.“ Die in den west- und südeuropäischen Häfen stationierten Konsularvertreter hatten nun dafür Sorge zu tragen, dass österreichisch-ungarische Handelsschiffe im Ausland „so lange die gegenwärtigen Verhältnisse in China andauem“ von „derlei Transporten“ Abstand nehmen sollten. Die Konsulate wurden angewiesen, den Ladungen der in „ihrem“ Hafen verkehrenden österreichisch-ungarischen Schiffe besondere Aufmerksamkeit entgegenzubringen. Falls es aus den Schiffspapieren zu ersehen oder aufgrund anderer Umstände zu vermuten sei, dass etwaige Waffensendungen direkt oder indirekt für China bestimmt wären, sollte das Ministerium des Äußern sofort telegraphisch verständigt werden, um weitere Verfügungen treffen zu können.554 Mit Erlass vom 10. September 1900 hatte auch die Landesregierung für Bosnien und die Herzegowina Export und Transit „von Waffen, Munition und Kriegsbedarf' bis auf weiteres verboten und für Zuwiderhandelnde Strafen bis zu 1 000 Kronen bzw. 100 Tagen Arrest angeordnet.555 Am 27. September 1900 ließ der ungarische Ministerpräsident Széll an die Munizipien eine Zirkularverordnung betreffend das Verbot von Waffenexporten nach China ergehen. Das Verbot der Aus- und Durchfuhr von Waffen wurde unter anderem mit dem Engagement von Einheiten der k. u. k. Kriegsmarine in China begründet. Die Übertretung des Verbotes wurde neben der Beschlagnahme der 553 HHStA, IB, Kart. 414, 1900-86/1692, MdÄ/IB an k. k. und k. ung. Ministerpräsident, Wien, 18.7.1900. 554 HHStA, IB, Kart. 414, 1900-86/1692, MdÄ/IB an die Hafenconsulate in England, Belgien, Holland, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Griechenland, Nr. 1 786/4 [. B., Wien, 27.7.1900. 555 Ebenda, MdÄ/IB ad No. 2 473/IB, „Abschrift eines Erlasses der bosnisch-hercegovinischen Landesregierung vom 10. September 1900, Z. 137 874/1, an die Bezirksämter und Exposituren.“ - Vgl. ebenda, K. u. k. Gemeinsames Ministerium in Angelegenheiten Bosniens und der Hercegovina an MdÄ, ZI. 10 422/B. H., Wien, 17.9.1900. 174

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