Georg Lehner, Monika Lehner (Hrsg.): Sonderband 6. Österreich-Ungarn und der „Boxeraufstand” in China (2002)
Österreich-Ungarn und der Beginn des Internationalen Engagements zur Unterdrückung der Unruhen in China
Georg Lehner - Monika Lehner dieser dort die weiteren Intentionen des Ministeriums des Äußern beziehungsweise die Mitteilungen des Eskaderkommandanten abwarten könnte.538 Anfang August kehrte Goluchowski nach Wien zurück und Szécsen fand im siebenbürgischen Tordaszentlâszlô (heute Sävädisla) Erholung. An Mérey schrieb er noch am 13. August: Die politischen Vorgänge dringen nur im Wege der Zeitungen bis hierher. Sollten die armen Leute in Peking wirklich einmal autentisch [sic!] befreit werden, so könntest Du mir ein kurzes Telegramm spendiren.539 In einem Brief vom 21. August wollte Szécsen Mérey mit einer neuen Idee „langweilen“, die er nach Erhalt der Nachricht von der Befreiung der Gesandtschaften in seiner „ländlichen Muße“ verfolgt hatte. Szécsen ging davon aus, dass die Meldungen über den Entsatz auf Tatsachen beruhten. Er meinte, dass sich die Matrosen-Kontingente und auch die Zivilisten „wirklich sehr tapfer gehalten“ hätten und dass diese Leistungen in irgend einer Form honoriert werden sollten: Nun finde ich, daß es sehr passend wäre, wenn man allen, die diese jedenfalls denkwürdige Belagerung mitgemacht haben, ein sichtbares Erinnerungszeichen geben könnte und zwar womöglich das wie die Verteidigung selbst den Charakter der Gemeinsamkeit hätte. Nach Szécsens Vorstellung sollten „alle“ Staatsoberhäupter vereinbaren, für alle, die die Verteidigung der Legationen „mitgemacht“ hätten, eine Medaille zu stiften. Eine solche Medaille sollte Militärs und Zivilisten - Männern und Frauen - verliehen werden. In der Abgeschiedenheit von Tordaszentlâszlô hatte Szécsen auch schon konkrete Vorstellungen für die Gestaltung einer solchen Erinnerungsmedaille entwickelt: Auf der einen Seite sollte sie neben der Jahreszahl die lateinische Inschrift „Belagerung - oder Verteidigung - der Gesandtschaften in Peking“, eventuell auch die Devise „Viribus unitis“ tragen. Für die andere Seite der Medaille sah Szécsen die Namen der beteiligten Staaten oder Souveräne vor. Zur Realisierung einer solchen Medaille schlug Szécsen Mérey vor, dass eine entsprechende Anregung „vielleicht“ von Kaiser Franz Joseph ausgehen könnte. Szécsen bat Mérey, Goluchowski diese Idee „gelegentlich“ vorzutragen.540 Österreich-Ungarn als Vermittler? Li Hongzhang’s Anfrage vom 20. August Als die Nachricht vom Entsatz der Gesandtschaften eintraf, hatte man im Ministerium des Äußern die Position der k. u. k. Regierung zu den Vorgängen in China im Wesentlichen definiert: Bekundung der internationalen Solidarität durch Entsendung von Kriegsschiffen, Rücksprache mit den Kabinetten in Berlin und Rom, Wohlwollen gegenüber dem russischen Vorgehen in Ostasien. Umso überraschender muss es daher im Ministerium des Äußern aufgenommen worden sein, als Konsul Julius Emst Pisko am 20. August aus Shanghai 538 HHStA, Nachlass Mérey, Kart. 16, Nr. 369, fol. 30, Szécsen an Mérey, Wien, 27.7.1900. 539 Ebenda, fol. 34v, Szécsen an Mérey, Torda-Szentläszlö, 13.8.1900. 540 Ebend a, fol. 3, Szécsen an Mérey, Torda-Szentläszlö, 21.8.[1900]. 170