Georg Lehner, Monika Lehner (Hrsg.): Sonderband 6. Österreich-Ungarn und der „Boxeraufstand” in China (2002)

Österreich-Ungarn und der Beginn des Internationalen Engagements zur Unterdrückung der Unruhen in China

Österreich-Ungarn und der Beginn des internationalen Engagements ... maritim-militärische Aktionen lahm legen. Sollte der Admiralsrat etwa die Blockade eines Hafens beschließen, könne doch der Gesandte Österreich-Ungams an einer solchen Aktion nicht teilnehmen. Sollte ein Schiff zur Vermittlung des Postverkehrs gebraucht werden und S.M.S. „Aspern“ sei zufällig das schnellste vorhandene Schiff [...] soll dann unser Gesandter von einem Hafen zum anderen als Postbote fahren? Ich furchte, er wäre sehr im Wege, überdieß in Folge des Platzwechsels für unsere Instructionen unerreichbar. In Tianjin könnte Czikann nicht an Land gehen, in den anderen an der chinesischen Küste gelegenen Vertragshäfen wäre sein Aufenthalt nicht opportun, da dort jeder Kontakt zu den Admiralen fehlen würde und ein Schiff stets zu seiner Disposition gestellt werden müsste, „um im Nothfall eine Zuflucht zu haben.“ - Aus all diesen Gründen hatte Szécsen bei Kaiser Franz Joseph den Antrag gestellt, Czikann erst einige Wochen später - „sobald man die Situation etwas überblicken wird können“ - nach Japan zu schicken, wo er als étranger de distinction die Entwicklungen in China „ruhig abwarten“ und über eine sichere telegraphische Verbindung mit Europa verfügen könnte. Sobald sich die Notwendigkeit seiner Anwesenheit in China heraussteilen sollte, könnte er mit einem der Schiffe der Eskader in vier Tagen vor Ort sein.536 537 Mit einem Zirkulartelegramm informierte Szécsen am 25. Juli die k. u. k. Vertretungen in Berlin, Rom, St. Petersburg, Paris und London über die Entsendung der Schiffe „Kaiserin Elisabeth“ und „Aspern“ sowie über den Stand der österreichisch-ungarischen Politik in der Frage der internationalen Intervention zur Unterdrückung der Yihetuan-Bewegung: Von der Entsendung von Landtruppen mußte unsererseits mit Rücksicht auf die geringen materiellen Interessen, welche wir in China zu vertreten haben, abgesehen werden, immerhin wird aber der Escadre-Commandant in der Lage sein durch Ausschiffung eines stärkeren Landungsdetachements sich an den Operationen zu Lande zu betheiligen und auf diese Weise unsere Solidarität mit den übrigen betheiligten Mächten zu bethätigen. Wie Szécsen weiter ausfuhrte, wollte man dadurch die Bereitwilligkeit bekunden, mit den übrigen Mächten an dem gemeinsamen Werke, welches dieselben im Interesse der Humanität u[nd] der Civilisation in China verfolgen, auch unsererseits theilzunehmen."7 Szécsens Bemerkungen über die Rolle des k. u. k. Gesandten in China schienen sowohl von Go uchowski als auch von Mérey missverstanden worden zu sein. Am 27. Juli meinte Szécsen in einem Brief an Mérey, dass er keineswegs dafür gewesen sei, Czikann „zum ständigen Aufenthalt“ nach Tôkyô zu entsenden; vielmehr wäre er dafür eingetreten, Czikann „unabhängig“ nach Japan reisen zu lassen, damit 536 HHStA, P.A. XXIX/18, Szécsen an Gotuchowski, Wien, 21.7.1900. Vgl. auch HHStA, Nachlass Mérey, Kart. 16, Nr. 369, Szécsen an Mérey, Wien, 27.7.1900. 537 HHStA, P.A. XXIX/18, Szécsen an die k. u. k. Vertretungen in Berlin, Rom, Petersburg, Paris und London, Prot. Nr. 808-812, Wien, 25.7.1900. 169

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