Georg Lehner, Monika Lehner (Hrsg.): Sonderband 6. Österreich-Ungarn und der „Boxeraufstand” in China (2002)

Österreich-Ungarn und der Beginn des Internationalen Engagements zur Unterdrückung der Unruhen in China

Georg Lehner - Monika Lehner ungarischen Offiziers auf den Kriegsschauplatz in Ostasien. Im Norden Chinas werde sich der „noch nie dagewesene Fall ergeben“, dass Truppen von acht Mächten „zu einem gemeinsamen Zwecke im engen Verbände auf einem Operationsschauplatze in Verwendung kommen werden.“ Aus diesem Grunde sollte auch einem Offizier des k. u. k. Heeres Gelegenheit gegeben werden, „den Expeditionen der Verbündeten in officieller Eigenschaft folgen zu können.“ Die Vorteile der Entsendung eines Offiziers des k. u. k. Heeres waren für den Chef des Generalstabs offensichtlich: Derselbe hätte dadurch die Möglichkeit einen Einblick in das militärische Leben der fremden Contingente zu gewinnen, das Benehmen und Zusammenwirken derselben im Ernstfälle und in schwierigen Situationen zu beobachten, deren characteristische Eigenthümlichkeiten zu studieren und auf diese Weise interessante und verwerthbare Erfahrungen zu sammeln. Der Chef des Generalstabes verabsäumte auch nicht, die Kompetenzen und Aufgaben dieses Offiziers zu beschreiben. Der zu entsendende Generalstabsoffizier sollte dem Eskaderkommandanten zugeteilt werden und nach dessen Weisungen an den einzelnen Operationen teilnehmen, jedoch ohne bei einem der k. u. k. Landungsdetachements ein aktives Kommando zu führen. Durch diese Konstruktion war es nicht erforderlich, dessen offizielle Beglaubigung bei den im Operationsgebiet tätigen Mächten zu erwirken. Beck schlug für diese Funktion den Hauptmann des Generalstabskorps Carl Wöjcik vor. Im Falle der Genehmigung sollte Wöjcik „auf der kürzesten Route“ über die Vereinigten Staaten und Yokohama nach der Reede von Dagu abgehen. Sollten der Eskaderkommandant und sein Stab zu diesem Zeitpunkt noch nicht dort eingetroffen sein, so hätte sich Wöjcik beim ranghöchsten k. u. k. Marineoffizier zu melden.494 Nach der Bestimmung Waldersees zum Armeeoberkommandanten ließ Beck das Reichs-Kriegsministerium wissen, dass auf Allerhöchsten Befehl und im Einvernehmen mit Reichs-Kriegsminister Krieghammer Hauptmann Wöjcik als militärischer Vertreter „bei der Person des General-Feldmarschalls Grafen Waldersee behufs Vermittlung des Verkehrs mit den k. und k. Detachements bestimmt“ worden sei. Wöjcik sollte nach Neapel reisen, sich bei Graf Waldersee melden und in seinem Gefolge die Überfahrt nach China antreten.495 Wöjcik hatte über alles militärisch Verwertbare sowie über Selbsterlebtes direkt an das Reichs-Kriegsministerium zu berichten; von seiner Berichterstattung nach Wien hatte Wöjcik auch den Grafen Waldersee „in geeigneter Weise“ in Kenntnis zu setzen. Zur Bestreitung seiner Auslagen hatte Wöjcik im Zahlamt des Reichs- Kriegsministeriums 3 000 Gulden zu beheben. In Ostasien sollte er alle weiteren KA, Generalstab, Kart. 359, 1900 GIstb. 25-22/4, K. u. k. Chef des Generalstabes an RKM, Nr. 1 861 Res., Wien, 6.8.1900. Dem dem Evidenzbureau des Generalstabes zugeteilten Wöjcik war im Sommer 1900 ein vierwöchiger Urlaub genehmigt worden, den er am 28.7. antreten sollte (vgl. dazu KA, Generalstab, Kart. 358, 1900 GIstb. 19-102, Verzeichnis über Urlaubs-Gesuche und deren Erledigung). KA, Generalstab, Kart. 359, 1900 GIstb. 25-22/6, K. u. k. Chef des Generalstabes an RKM, Nr. 1 915 Res., Ischl, 9.8.1900. - Vgl. auch AB 19,33 (15.8.1900), S. 6. 154

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