Georg Lehner, Monika Lehner (Hrsg.): Sonderband 6. Österreich-Ungarn und der „Boxeraufstand” in China (2002)

Österreich-Ungarn und der Beginn des Internationalen Engagements zur Unterdrückung der Unruhen in China

Georg Lehner - Monika Lehner „gütige Anerbieten“ Kaiser Wilhelm „unverweilt“ vorzulegen.485 Am 12. Juli telegraphierte Szôgyény, dass Kaiser Wilhelm für die „in Aussicht gestellten Erleichterungen“ bei einem eventuellen Transport deutscher Truppen über österreichisch-ungarisches Territorium und auch für die Möglichkeit der Einschiffung in einem Adriahafen „sehr dankbar“ wäre.486 Ebenfalls am 12. Juli hatte der deutsche Staatssekretär Bülow beim Chef des Admiralstabes, Admiral Otto von Diederichs, eine Äußerung darüber angeregt, „ob es sich etwa empfehlen möchte“, bei Kaiser Wilhelm „in Annahme des österreichischen Anerbietens die Einschiffung der Truppen in Triest in Vorschlag zu bringen.“487 Am 20. Juli wurde dem k. u. k. Botschafter im Auswärtigen Amt mitgeteilt, dass nur jene 140 Mann österreichisch-ungarisches Territorium passieren würden, deren Durchzug von der deutschen Botschaft in Wien bei den k. u. k. Behörden bereits angemeldet worden war.488 Die Entscheidung gegen die Entsendung von österreichisch-ungarischen Landtruppen nach China war am 9. Juli gefallen. Die telegraphische Anfrage des Kommandos S.M.S. „Zenta“ leitete der Marinekommandant umgehend an die Militärkanzlei Seiner Majestät weiter. Um 13.30 Uhr wurde die Antwort des Kaisers aus Ischl nach Wien telegraphiert: „Wir werden keine Truppen nach China senden. Franz Joseph.“489 Bolfras informierte umgehend die Marinesektion, „daß unsererseits nach China keine Truppen gesendet werden.“490 Nachdem diese Entscheidung gefallen war, trachtete der k. u. k. Generalstab nach Möglichkeiten, einen Offizier als Beobachter nach Ostasien zu entsenden. Diese Intention dürfte jedoch auch durch die von mehreren Korpskommanden an den Generalstab weitergeleitete Ansuchen um Entsendung von k. u. k. Offizieren nach China Gestalt angenommen haben und durch die Frage eines einheitlichen militärischen Oberkommandos der in der Provinz Zhili kooperierenden Truppenkontingente zusätzlich aktualisiert worden sein. Flauptmann Erwin Müller, Militârattaché an der k. u. k. Botschaft in St. Petersburg, hatte Ende Juli über die Schwierigkeiten berichtet, die der beabsichtigten Zuteilung eines k. u. k. Offiziers bei einer „selbständigen russischen Gruppe in Asien“ hinderlich wären. Der k. u. k. Chef des Generalstabes, Friedrich Freiherr von Beck, hatte diese Möglichkeit aus Ebenda, Szôgyény an MdÄ, Telegramm No. 130 (No. 5 433, Chiffre), Berlin, 11.7.1900. Ebenda, Telegramm No. 131 (No. 6 317, Chiffre), Szôgyény an MdÄ, Berlin, 12.7.1900. Die Große Politik der europäischen Kabinette 1871-1914. Sammlung der diplomatischen Aktenstücke des Auswärtigen Amtes, ed. Johannes Lepsius, Albert Mendelssohn- Bartholdy, Friedrich Thimme, Bd. 16: Die Chinawirren und die Mächte 1900-1902, Berlin 1924, (in Hinkunft: GP XVI), S. 49 (Nr. 4 564), Bülow an Diederichs, Geheim, Berlin, 12.7.1900. HHStA, P.A. XX1X/18, Szôgyény an MdÄ, Telegramm No. 140 (No. 8 287, Chiffre), Berlin, 20.7.1900. KA, MKSM 1900 66-5/6-6, No. 1 841, Bolfras an Franz Joseph, Wien, 9.7.1900, Franz Joseph an Bolfras, Ischl, 9.7.1900. KA, MS/OK 1900-X-14/5, MKSM an RKM/MS, [No. 1 841ad], Wien, 9.7.1900. 152

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