Georg Lehner, Monika Lehner (Hrsg.): Sonderband 6. Österreich-Ungarn und der „Boxeraufstand” in China (2002)

Österreich-Ungarn und der Beginn des Internationalen Engagements zur Unterdrückung der Unruhen in China

zwischen 75 und 80 Kilogramm Kohle fassten, „in raschem Tempo“ an Bord. Montecuccoli rechnete damit, dass die Ergänzung der Vorräte auf diese Weise in sechs bis sieben Stunden abgeschlossen werden könnte: Hiebei wurde allerdings die wandelbare Arbeitslaune der chinesischen Kulis nicht in Rechnung gezogen, an welcher, wie sich bald darauf herausstellte, alle Voraussetzungen scheiterten. Im Laufe des Vormittags stellten sich nämlich einige lang andauernde, heftige Regengüsse ein, während welcher die Kulis ohne Abgabe irgend einer Erklärung ganz verschwanden und immer erst wieder erschienen als der Regen aufgehört hatte. Ein Postdampfer der französischen Messageries Maritimes war durch diese Eigenheit ebenfalls aufgehalten worden. Die Abreise der österreichisch-ungarischen Schiffe musste auf die Morgenstunden des 21. August verschoben werden.475 476 Die Fahrt nach Hongkong, wo man am Morgen des 26. August eintraf, verlief reibungslos. In Hongkong war das Eskaderkommando vor allem mit der weiteren Beschaffung von Nachschüben und Transportmitteln für die Landungsdetachements befasst. Am Abend des 28. August war Montecuccoli, begleitet vom k. u. k. Vizekonsul Nikolaus Post, bei Gouverneur Sir Henry Arthur Blake zum Diner geladen.416 Post berichtete an das Ministerium des Äußern, dass das Erscheinen der österreichisch­ungarischen Schiffe in Hongkong den günstigsten Eindruck hervorrief und neuerdings beredtes Zeugnis ablegte von der steten Fürsorge, mit welcher Seine Majestät die vaterländischen Interessen in China allergnädigst zu schützen und zu fordern geruht.477 Ähnlich S.M.S. „Kaiserin und Königin Maria Theresia“ liefen auch „Kaiserin Elisabeth“ und ,Aspern“ auf ihrer Fahrt nach Dagu in Wusong ein. Montecuccoli schrieb, dass Pisko ein noch verhältnismäßig junger, jedoch routinierter und „ganz tüchtiger“ Beamter war, der damals mit seiner baldigen Ernennung zum Generalkonsul rechnete.478 Am 3. September empfing Montecuccoli einen Teil der in Shanghai lebenden Österreicher und Ungarn. Welches Interesse die österreichisch-ungarische Kolonie der Entsendung der k. u. k. Eskader entgegenbrachte, lässt sich daran ermessen, dass der in Diensten der Chinese Imperial Maritime Customs angestellte „Reserve-Cadet-Feldwebel“ Max Hey dem Eskaderkommandanten die Bitte vorbrachte, „die Waffenübung durch Zutheilung zum Landungs-Detachement, welches gegen Peking operiert, ableisten zu dürfen.“ Österreich-Ungarn und der Beginn des internationalen Engagements ... 475 KA, MS/OK 1900-V-43/5, Nr. 2 259, ECiO an RKM/MS, Res. No. 49/M, Vorfallenheitsbericht für die Zeit vom 20. bis 26.8.1900, Hongkong, 26.8.1900. 476 KA, MS/OK 1900-V-43/6, Nr. 2 412, ECiO an RKM/MS, Res. No. 72/M, Vorfallenheitsbericht für die Zeit vom 26.8. bis 4.9.1900, Wusung, 4.9.1900. 477 HHStA, P.A. XXIX/19, Post an MdÄ, Bericht No. CCCCXLIV/Adm. Geg., Hongkong, 31.8.1900. 478 KA, Nachlass B/830, Montecuccoli-TB, S. 44. - Pisko war beim MdÄ tatsächlich schon bald nach der Aufnahme seiner Amtstätigkeit um seine Ernennung zum Generalkonsul eingekommen. Er begründete diesen Antrag damit, dass die Vertreter der kleineren Mächte, durchaus im Range von Generalkonsuln stehend, bei offiziellen Anlässen in Shanghai ihm gegenüber immer den Vortritt gehabt hätten. Vgl. dazu Lehner (1995), S. 293 f. 149

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