Georg Lehner, Monika Lehner (Hrsg.): Sonderband 6. Österreich-Ungarn und der „Boxeraufstand” in China (2002)
Österreich-Ungarn und der Beginn des Internationalen Engagements zur Unterdrückung der Unruhen in China
Georg Lehner - Monika Lehner vor acht Uhr durch den italienischen Konteradmiral Candiani433 Kenntnis vom Attentat. Am 1. August nahm er mit dem dienstfreien Stab S.M.S. „Kaiserin und Königin Maria Theresia“ am Trauergottesdienst für den italienischen König teil.434 In Hongkong hatte der dortige k. u. k. Vizekonsul Post dreißig Stück kleinerer Pferde, einfach gezäumt, um 170 $ pro Stück als Tragtiere für die künftigen k. u. k. Landungsdetachements angekauft. Neben Packsätteln wurde in Hongkong auch Futter für sechzig Tage beschafft. Diese Tragtiere sollten in der Folge durch einen britischen Transportdampfer nach Dagu gebracht werden.435 Während des Aufenthaltes in Hongkong entschloss sich Bless von Sambuchi, auf der Reise nach Dagu zunächst den Hafen von Shanghai anzulaufen, um von Julius Pisko, dem Leiter des dortigen k. u. k. Generalkonsulates, nähere Informationen über die politische Lage in China einzuholen. Bless von Sambuchi kündigte Pisko seine Ankunft in Shanghai für den 4. August 1900 an und verließ Hongkong am 2. August um 4.40 Uhr früh. S.M.S. „Kaiserin und Königin Maria Theresia“ lief am Nachmittag des 4. August in Wusong ein, wo der Stab bereits von Konsul Pisko erwartet wurde.436 Bless von Sambuchi schrieb im Vorfallenheitsbericht, dass Pisko - der zweimal um dieses Zusammentreffen gebeten hatte - bis zum Auslaufen an Bord S.M.S. “Kaiserin und Königin Maria Theresia“ geblieben wäre und ihm „vielfache und wertvolle Aufschlüsse“ über die Lage erteilen konnte. Das Anlaufen von Shanghai rechtfertigte er im Missionsbericht damit, dass er sich von Pisko nähere Informationen über die Lage in Beijing erhoffte. Bless von Sambuchi gewann den Eindruck, dass Pisko über die Verhältnisse in China „sehr wol [sic!] unterrichtet“ war. Pisko meinte, dass es den Anschein hätte, als ob die Mächte bestrebt wären, den Schwerpunkt der Politik und ihrer Interessen in China von Peking in die Yangtse-Provinzen nach Shanghai und Nanking zu verlegen, was der k. u. k. Konsul durch „die auffällige Schwenkung Englands“ begründet sah. Pisko erwähnte — so Bless von Sambuchi - dass die Generalgouvemeure der am Changjiang gelegenen Provinzen für einen raschen Vorstoß der Mächte nach 433 Nach Roberto Bertinelli, La presenza italiana in Cina dal 1900 al 1905. In: Rivista degli Studi Orientali 57 (1983), S. 194 hatte Candiani Italien am 10.6.1900 verlassen. 434 KA, MS/OK 1900-V-22/6, Nr. 2 260, S.M.S. „Kaiserin und Königin Maria Theresia“, Vorfallenheitsbericht für die Zeit vom 29.7. bis 13.8.1900, Chefoo, 13.8.1900. - Zum Aufenthalt von S.M.S. „Kaiserin und Königin Maria Theresia“ in Hongkong vgl. auch HHStA, P.A. XXIX/19, Post an Gotuchowski, Bericht No. CCCLXXXIX/Adm. Geg., Hongkong, 4.8.1900. - Zu den verschiedenen aus der internationalen Courtoisie in Hongkong erwachsenden Verpflichtungen für das Kommando von „Kaiserin und Königin Maria Theresia“ vgl. auch PI asch ka (1984), S. 124 f. Zur Atmosphäre in Hongkong vgl. auch Trapp (1936), II, S. 9: „ln Hongkong riecht schon alles nach Krieg.“ 435 KA, MS/OK 1900-1-1/5, Nr. 1 974, S.M.S. „Kaiserin und Königin Maria Theresia“, Res. No. 109, Hongkong, 31.7.1900. 436 KA, MS/OK 1900-V-22/6, Nr. 2 260, S.M.S. „Kaiserin und Königin Maria Theresia“, Vorfallenheitsbericht für die Zeit vom 29.7.1900 bis 13.8.1900, Chefoo, 13.8.1900. 138