Sonderband 4. Das Institutionserbe der Monarchie. Das Fortleben der gemeinsamen Vergangenheit in den Archiven (1998)
Pál Pritz: Geschichte des ungarischen auswärtigen Dienstes 1918-1945
Geschichte des ungarischen auswärtigen Dienstes 1918-1945 Diese Aversion verkörperte sich in der Konzeption, deren Verfasser (der übrigens an einer wichtigen Stelle arbeitete) 1925 das gesamte Ministerium auf insgesamt nur vier Abteilungen reduzieren wollte9. Da aber die Kreditaufnahme ein internationaler Erfolg Ungarns gewesen war, löste sich auf dessen Wirkung die internationale Isolation des Landes etwas, zur weiteren Entfaltung aber benötigte man wirklich eine schlagkräftige Garde im auswärtigen Dienst, also konnten diese Konzeptionen nicht zur Geltung kommen. Die vernichtende Wirkung der großen Wirtschaftskrise von 1929/33 konnte aber auch den auswärtigen Dienst nicht verschonen. Auf eine Reduktion des Personalstandes kam es zwar nur in geringem Maße, dagegen wurden die Verwaltungskosten empfindlich verkürzt, und auf Wirkung dessen war man gezwungen an das noch nicht einmal ausgebaute Netz der Außenvertretungen zu greifen. Mit Wirkung vom 11. Dezember 1931 wurde Ungarns Gesandtschaft in Bern geschlossen. Zur Versehung der Vertretung des Landes in Bern wurde der Wiener Gesandte, Graf Lajos Ambrözy, beauftragt. Der gewesene Schweizer Gesandte, Félix Parcher, wurde nach Budapest beordert, und da dieser zugleich auch über einen sich auf Ägypten ausdehnenden Gesandtschaftsauftrag verfügte, verrichtete er im weiteren - auf eine ziemlich bizarre Weise - diese seine Aufgabe von der ungarischen Hauptstadt aus. Nach rund einem Monat teilte auch die Gesandtschaft in Stockholm das Schicksal der Schweizer Mission. Die Aufgaben des Gesandten erhielt - ebenso, wie die diplomatischen Vertretungen in Norwegen und Dänemark - der holländische Gesandte, Béla Török. Die Ausübung der Jurisdiktion wurde einem Honorarkonsul, beheimatet in Stockholm, übertragen. Ein, bereits in der Praxis der zwanziger Jahre charakteristischer Zug war, daß im Zeichen des Sparens an die Spitze der ins Leben gerufenen diplomatischen Vertretungen keine Gesandten, sondern nur ständige Geschäftsträger gestellt wurden, so wurden - zum Beispiel - 1927 von 22 Gesandtenposten nur 14 von Gesandten bekleidet. Die konsolidierten Verhältnisse der letzten Zeitspanne der zwanziger Jahre wurden von der Leitung des Außenministeriums dazu benutzt, die Geschäftsträger mit Gesandten abzuwechseln. Unmittelbar vor dem Haushaltsjahr 1929/30 fungierten nur mehr in Athen, Helsinki und Stockholm ständige Geschäftsträger, sowie in Buenos Aires an Stelle des an der Spitze der Gesandtschaft gestandenen Gesandten ein Ministerpräsident. Unter dem Druck der Wirtschaftskrise wendete sich diese gesunde Tendenz: Gesandte wurden zurückberufen und an ihre Stelle Geschäftsträger gesetzt. Ende 1931 wird der Gesandte in Madrid, Pal Hevesy, seines Amtes enthoben. Die Reihe der interimen und ständigen Geschäftsträger wird in der spanischen Hauptstadt erst 1939 durch einen Gesandten abgewechselt. Von Ende 1931 an arbeitete auch in Brüssel nur ein Geschäftsträger. Mitt 1934 wurde die Gesandtschaft in Brasilien ebenfalls eingestellt, die Geschäftsführung wird in die Hauptstadt Brasiliens übertragen, von wo aus im weiteren die Beziehun9 Iratok (Dokumente) Nr. 10. 6