Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

Fritz Prasch: Spuren der österreichischen Industrialisierung in Archiven und Bibliotheken

Spuren der österreichischen Industrialisierung in Archiven und Bibliotheken den Nutznießern selbst ins Leben gerufen worden war. In seinem Bericht über die „auf einen erhaltenen hohen Befehl“ durchgeführte Inspektion erwähnt der Inspector Moter allerdings nicht, daß alle diese Institutionen keinerlei landesweite Inan­spruchnahme zuließen, sondern nur örtlich wirksam waren21. Im selben Jahr der Inspektion des frühindustriellen Metallwarenbetriebes, starb am 27. Dezember 1751 in Wien Claudius Innocenz du Paquier, der Begründer eines von seiner Tätigkeit her grundverschiedenen (Kunst) Gewerbes, der Porzellanmanufaktur Augarten. Die Motive für diese Gründung treten aus dem Text des Privilegiums Air Paquier vom 27. Mai 1718 hervor, in welchem ihm gestattet wurde, „durch ungemein heim­liche Wissenschaft, Mühe ... Fleiß ... Porzellanmajolika ... allein zu erzeugen und ... in den gesamten Erblanden zu verkaufen“. Der sich zu langsam einstellende Erfolg führte 1744 zu dem, einer Verstaatlichung eines Privatbetriebes gleichzusetzenden Ankauf der Manufaktur durch die Hofbanco- deputation im Auftrag Maria Theresias22, wodurch der Betrieb gerettet werden konnte. Ist das Privileg noch vom, dem heutigen Standpunkt entsprechend, pseudowissen­schaftlichen Einfluß der Alchimie geprägt, so bietet die frühe Geschichte der Augartenmanufaktur durch die „Verstaatlichung“ das andere Ende dieses Binde­glieds zwischen sich ändernden wirtschaftlichen Auffassungen. Eine weitere, mit der Epoche des großen technisch-ökonomischen Wandels ver­bundene Besonderheit ist eine Art „Bastelsucht“, die manchmal erstaunliche Ergeb­nisse zeigte. Das „Volito“, für das dem englischen Fruchthändler Robert Johann Tyer im April 1823 ein Patent verliehen wurde, erinnert an die heutigen „Inline-Skaters“. Tyer verglich seine Erfindung, über deren weitere Verwendung leider nichts Näheres bekannt ist, mit „... Schlittschuhen für die rauhe Erde ,..“23. Der absolut untechnische Beruf Tyers verweist auf ein, auch in kontemporären Er- finderkreisen anzutreffendes, Phänomen, dem mit der Erfindung nicht zusammen­hängenden Beruf. Die Motivation zu Neuheiten wie dem „Volito“ wird wohl haupt­sächlich in der Phantasie des Konstrukteurs, neben seinem handwerklichen Ge­schick, zu suchen sein. Der Bedarf an Neuheiten des alltäglichen Gebrauchs verlangte nach Protagonisten aus anderen Wurzeln für die mechanische Innovation. Jenseits des Kanals erfand der Uhrmacher James Small den Schwingpflug, der Pfarrer James Cooke eine Säma­schine und der Geistliche Edmond Cartwright einen neuen Webstuhl, diesseits der 21 Otruba, Gustav: Industrietopographie Niederösterreichs vom Zeitalter des Merkantilismus bis zum ersten Weltkrieg. In: Der niederösterreichische Arbeiter. Studien zur Sozial- und Wirtschaftsstruktur Nie- derösterreichs in Vergangenheit und Gegenwart, Heft 5, Teil III (1956), S. 63 f. 22 Mentschl, Josef-Otruba, Gustav: Österreichische Industrielle und Bankiers. Wien 1965, S. 28-32. 23 Anhang, Abb. 2nach: Polytechnisches Journal, Bd. XIII, ( 1824), S. 171-173 und Tabelle IV, Fig. 32-35 und 37. 139

Next

/
Thumbnails
Contents