Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Karl VI., Triest und die Venezianer Bedarfsfälle „mit aller schleuniger Justiz und Assistenz“ zu unterstützen. Die beson­dere Stellung der Kompanie kam auch im Wappen, das den kaiserlichen Doppelad­ler, die Chiffre C VI und die Umschrift „Sigillum Caesarae privilegatae societatis comerciorum orientalium“ trug, zum Ausdruck. Angestellte und Direktoren wählte die Gesellschaft selbst. Nur die Bestätigung ihres obersten Chefs behielt sich der Monarch vor. Die Beteiligung der Kompanie am Seehandel war gemäß Patent vom 27. Mai 1719 nicht ausdrücklich vorgesehen. Dessen ungeachtet stellte das neue Unternehmen aufgrund der zugebilligten Privilegien eine gefährliche Konkurrenz für den geplan­ten Triestiner Levanteverkehr dar. Die dortigen Handelskreise sahen vor allem in jenem Passus des Laxenburger Patentes, das der Orientalischen Kompanie beim Bezug steirischer und Kärntner Eisenwaren gegenüber den Inländern den Mitkauf und „respectu denen Aus-Ländern den Verkauf1 sicherte, eine Gefährdung der künf­tigen Eisenausfuhr ihrer Stadt. Auf alle Fälle hätte eine anhaltende Nichtbeteiligung der Kompanie am Seehandel über kurz oder lang zur ausschließlichen Konzentrie­rung des österreichischen Levantehandels auf dem Donauweg geführt und mithin den Adriaplätzen die erhoffte Entfaltungsmöglichkeit genommen. Für Triest war es von Vorteil, daß das Unternehmen seinen Geschäftsbereich auch auf die Adriaküste ausdehnte. Schon am 28. Dezember 1720 wurden im Rathaus zu Triest schriftliche Abma­chungen zwischen dem Triestiner Gemeinderat und der Orientalischen Kompanie getroffen98. Zunächst wurde der Raum, innerhalb dessen sich die Gesellschaft aus­breiten durfte, festgesetzt und das Problem der Straßendurchzüge im Kompaniege­lände erörtert. Eine Absperrung war nur soweit vorgesehen, als die Möglichkeit zur gegenseitigen Hilfeleistung bei Unglücksfallen nicht gefährdet erschien. Obwohl das Gelände der Kompanie zur freien Benützung übergeben worden war, sollte es doch der zivilen und kriminellen Gerichtssprechung der Stadt unterstellt bleiben. 1722 erhielt die Gesellschaft weitere Privilegien, wie die Erlaubnis zum Bau von über 60 Fuß langen Schiffen sowie die Genehmigung zur Herstellung aller zur Schiffahrt notwendigen Gegenstände, wie Segeltuch und Taue", und schließlich die Genehmi­gung zur Aufnahme von Geschäftsverbindungen mit Portugal und anderen Ländern Westeuropas. Die Anhäufung von Monopolen und Privilegien zugunsten einer Handelsgesell­schaft konnte mit den Interessen des neugeschaffenen Freihafens nicht in Einklang gebracht werden. Die Widersinnigkeit des kaiserlichen Vorgehens offenbarte sich aber in ihrer ganzen Tragweite erst zu dem Zeitpunkt, als die beiden Kontrahenten - Freihafenbetrieb und privilegierte Kompanie - in Triest auf engstem Raume prak­tisch arbeiten sollten. Eine unmittelbare Folge der Eröffnung von Außenstellen der Orientalischen Han­delskompanie in Triest und Fiume war, daß die in den Patenten vom 2. Juni 1717 91 B u s s o 1 i n : Compagnia Orientale, S. 140. 99 Löwenthal : Geschichte der Stadt Triest, S. 160. 63

Next

/
Thumbnails
Contents