Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Karl VI., Triest und die Venezianer Kauffahrer, die ein kaiserliches Schiffahrts- oder Flaggenpatent vorweisen konn­ten, hatten für ihre Frachten außer dem schon erwähnten 3%igen Einfuhrzoll nur noch das auch von Seefahrern anderer Nationen seit eh und je geleistete „Selamet“ in der Höhe von 300 Asperos, was dem Werte von 3 Gulden und einem Vierteldukat entsprach, als Ankunftstaxe, nicht aber die in der Türkei sonst üblichen Abgaben, wie die „Master“ oder „Kassab“ zu erlegen76. Die Tatsache, daß den österreichischen Donauschiffen der Zugang in das Schwar­ze Meer nach wie vor versperrt bleiben sollte, war ein deutlicher Verhandlungserfolg der Hohen Pforte77. Es durften demnach die aus dem Reiche oder den Erblanden flußabwärts geführten Güter erst nach der in Widini Rudseik oder in anderen türki­schen Donauhäfen vorgenommenen Umladung die Fahrt durch das Schwarze Meer nach Konstantinopel, Trapezunt, Sinope oder nach der Krim fortsetzen78. Die Artikel VII - XII des Vertrages zählten die türkischerseits der österreichischen Schiffahrt gewährten Garantien auf, worunter Hilfeleistungen bei Havarien, die Zusage Handelsschiffe nicht eigenmächtig für türkische Waren und Truppentrans­porte heranzuziehen und das Versprechen, sich nicht an den österreichischen Kauf­fahrern für die allfälligen der osmanischen Schiffahrt durch Korsaren zugefügte Schäden schadlos zu halten, zu verstehen waren. Des weiteren verpflichten sich die türkischen Behörden, die sichergestellte Ladung gesunkener erbländischer Schiffe den österreichischen Konsulatsbehörden auszufolgen. Eminente Bedeutung kam daher dem Artikel V des Passarowitzer Handelsvertra­ges zu, der die Voraussetzung zur Errichtung österreichischer Konsulate in der Le­vante schaffen sollte. An allen Plätzen, wo andere Mächte bereits Konsulate unter­hielten, räumte die Pforte „... ad majorem mercatorum Imperialium securitatem ..." nunmehr auch Österreich das Recht zur Errichtung solcher Stellen ein“79. Darüber hinaus sagte der Serail für den Fall, daß die künftige merkantile Entwicklung die Notwendigkeit zusätzlicher österreichischer Konsulate in der Levante erfordern sollte, eine positive Erledigung aller diesbezüglichen durch den kaiserlichen Resi­denten vorgebrachten Ansuchen zu. Der kaiserliche Minister und Resident konnte ferner mit der Vertretung der öster­reichischen Handelsinteressen an merkantil wichtigen Plätzen auch „Interpretes“ (Dolmetscher, Vermittler) betrauen, denen türkischerseits die einem Konsul oder Vizekonsul zustehenden Rechte, Privilegien und Immunitäten gleichfalls zugestan­den werden mußten80. Unter keinem irgendwie gearteten Vorwand durften kaiserliche Untertanen und ihre Bediensteten auf Geheiß der Paschas (Gubernatores) oder sonstiger osmanischer Provinzialbehörden in Haft genommen werden. Ihre Vorladung vor türkische Ge­76 AVA Wien, Patentesammlung, Karton 9, Handels- u. Schiffahrtsvertrag von Passarowitz vom 27. Juli 1718, Artikel III. 77 Ebenda, Artikel II. 7' Ebenda. ” Ebenda, Artikel V. *° Ebenda. 57

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